22.05.2013
Menschen sind so außerirdisch

Seelen


Seelen: Saoirse Ronan Vater erschlägt seine Kinder! Massenmord in Syrien! Bürger betrügt den Staat um Million Steuern! Tonnen von Plastikmüll treiben im Ozean und töten unsere Meeresbewohner! Wie absurd sind wir Menschen nur! So denken auch die Seelen in Andrew Niccols gleichnamigem, romantischem Sci-Fi-Abenteuer und haben damit gar nicht mal so unrecht. Wir töten unsere eigene Spezies und beuten, vernichten gar zunehmend unseren schönen Heimatplaneten. Wie harmonisch könnte unser Leben verlaufen, wenn Lug, Betrug und Mord Fremdworte wären und Geld keine Rolle mehr spielt?

Zugegeben, sehr ideologisch. Und für den rebellierenden Teil Menschen auf Erden im Film "Seelen" ("The Host") kein Grund, sich als Wirt herzugeben. Denn wenn auch die Seelen in ihrer Absicht friedlich sind, so verliert der Mensch sein eigenes Bewusstsein beim Einsetzen der interplanetarisch reisenden Außerirdischen und wird zum ausführenden Organ der Aliens. Undenkbar für die 16-jährige Melanie Stryder (Saoirse Ronan), die zusammen mit ihrem kleineren Bruder Jamie (Chandler Canterbury) und ihrer neuen, großen Liebe Jared (Max Irons) in ständiger Angst auf der Flucht ist. Doch auch sie wird von einer Sucherin (Diane Kruger) aufgegriffen und bekommt die Seele namens Wanderer eingesetzt. Aber: Melanies Bewusstsein lässt sich nicht aus ihrem Körper verdrängen und wehrt sich erfolgreich. Fortan kämpfen zwei Seelen in einem Körper um ihr Recht und den rechten Weg. Dabei gelingt es Melanie, Wanderer zu überzeugen, zu Jamie und Jared aufzubrechen, die Unterschlupf in Onkel Jebs (William Hurt) unterirdischen Wüstenhöhlen gefunden haben. Doch wie soll Melanie Jared davon überzeugen, dass sie noch in ihrem Körper steckt? Und darf Wanderer überhaupt bei den Menschen leben, sich wohlmöglich verlieben? Für beide beginnt ein Kampf ums Überleben und um die Liebe, während ihnen die Sucherin dicht auf den Fersen ist, um weitere Menschen einzufangen.

Seelen: Filmplakat Einen silbern strahlenden Pudding-Alien in den Nacken implantiert zu bekommen, ist wirklich nicht sympathisch. Tatsächlich bringt Drehbuchautor und Regisseur Andrew Niccol ("Gattaca") diesen blutrünstig klingenden Prozess überaus sinnlich, liebevoll und hübsch auf die Leinwand. Eine der vielen gelungenen Szenen, die er in Zusammenarbeit mit Produzentin und Vorlagengeberin Stephenie Meyer erschaffen hat. Ihre Buchvorlage "The Host" wurde 2008, nach dem Mega-Erfolg ihrer Twilight-Saga, ebenfalls ein Bestseller. Somit ein hoher Maßstab für eine erfolgreiche Verfilmung. Niccols Ziel, "Der Film soll den Zuschauer unterhalten und ihm darüber hinaus etwas zeigen, das ihn zum Nachdenken anregt", geht voll auf. Neben der Action in einem dauerhaft hohen Spannungsbogen schaffen Niccol und Meyer es, den Zuschauer gefächert anzusprechen. Da wäre die romantische Beziehung in der außergewöhnlichen Doppel-Liebesgeschichte zwischen Melanie und Jared sowie Wanderer und Höhlenbewohner Ian (Jake Abel). Saoirse Ronan stellt dabei hervorragend das Dilemma dar, wenn ein Körper zwei verschiedene Menschen liebt. Vergleichbar mit unserem Verstand und Herz, die unterschiedliche Menschen lieben können. Und was ist, wenn der Verstand – die Seele – den Körper verlässt? Durch Wanderers Erzählungen über ihre Herkunft schwingt die Glaubensfrage unterschwellig mit, woher unsere Seele kommt und wohin sie geht, wenn der Mensch mit dem Tod die Erde verlässt.

Darüber hinaus kratzt Niccol an unserer Weltanschauung, indem er überzogen das so friedvolle und harmonische Verhalten der Seelen in ihrer homogenen Gemeinschaft zeigt, in der es keinen Hunger, Krankheit, Gewalt oder Angst mehr gibt. Bleibt Max Irons' Frage gemäß Presseheft haften. "Sind wir tatsächlich unser schlimmster Feind?" Erklärte mir doch meine 6-jährige Tochter heute Mittag, wenn sie durch eine Gruppe fremder Kinder gehen müsse, hätte sie immer Angst, dass ihnen die Kinder wehtun würden! – Ohne jemals schlechte Erfahrung gemacht zu haben.

Seelen: Diane Kruger Auch wenn der Film in manchen Bereichen von der Buchvorlage abweicht, macht das Ergebnis ihn knackiger. "Einige der Ideen ärgerten mich sogar ein bisschen, weil sie mir viel besser gefielen als das, was ich geschrieben hatte", so Meyer. So erschießt Diane Kruger als Sucherin, die als Seele eigentlich das Töten verabscheuen müsste, mal eben aus Versehen einen der ihren, nur um an Menschen wie Jared zu kommen. Diane Kruger ("Troja", "Inglourious Basterds") spielt hier das erste Mal die Rolle der Bösen. Nachdem sie gerade in "Der Nächste bitte!" ihre komödiantische Seite gezeigt hat, macht sie ihrem Namen Sucherin alle Ehre. Überzeugend mimt sie eine eisig und bedrohlich wirkende Frau in ihre Besessenheit, Menschen aufzuspüren.

Ein gutes Gespür hatten Produzenten und Regisseur für die herausfordernde Aufgabe, zwei Persönlichkeiten in einem Menschen darzustellen. Nicht nur durch die Wahl, Melanies Stimme aus dem Off und Wanderers Stimme direkt zu zeigen, sondern mit Saoirse Ronan ("Wer ist Hannah?") eine bravouröse Schauspielerin ausgesucht zu haben, die es versteht, den so gegensätzlichen Charakteren eine ganz eigene Ausdrucksweise zu geben, ohne dabei künstlich zu wirken.

Mit "Seelen" ist Niccol die Verfilmung von "The Host" mehr als gelungen. Ein Abenteuer, das in keiner Sekunde langweilt. Eine Liebesgeschichte für die Schmachtenden und ein Denkanstoß für alle von uns.  

Ulrike Braun / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Concorde Filmverleih

 
Filmdaten 
 
Seelen (The Host) 
 
USA 2013
Regie: Andrew Niccol;
Darsteller: Saoirse Ronan (Melanie Stryder / Wanderer alias Wanda), Max Irons (Jared), Jake Abel (Ian), Diane Kruger (Sucherin), William Hurt (Onkel Jeb), Chandler Canterbury (Jamie Stryder), Boyd Holbrook (Kyle), Frances Fisher (Tante Maggie) u.a.;
Drehbuch: Andrew Niccol nach dem gleichnamigen Buch von Stephenie Meyer; Produktion: Stephenie Meyer, Nick Wechsler, Steve Schwartz, Paula Mae Schwartz; Kamera: Roberto Schaefer; Musik: Antonio Pinto;

Länge: 125,45 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Concorde Filmverleih GmbH; deutscher Kinostart: 13. Juni 2013



Artikel empfehlen bei:  Mr. Wong Delicious Facebook  Webnews Linkarena  Hilfe

© filmrezension.de

home
  |  regisseure/schauspieler   |  e-mail
 über uns  |  impressum  


 
 
 
 
 
Offizielle Seite zum Film
<22.05.2013>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

Drucken

Artikel empfehlen
Mr. Wong Delicious Facebook Webnews Linkarena 
Hilfe