15.02.2020
Lindenberg! Mach dein Ding
![]() Aufgewachsen in der Provinzstadt Gronau, trommelt der kleine Udo, Sohn eines Klempners, schon begeistert auf seinem Schlagzeug und ist sich sicher, dass er "eines Tages mal ganz groß 'rauskommt." Mit 15 Jahren verlässt er das spießige Elternhaus und die Heimat. Die Kellnerlehre im Hotel "Breidenbacher Hof" in Düsseldorf schmeißt er, spielt in verschiedenen Jazz- und Beatgruppen, jobbt als Musiker in einer amerikanischen Kaserne in Libyen. In Hamburg mischt Udo mit seinem Kumpel Steffi Stephan die Reeperbahn auf – das Motto lautet: Sex, Drugs und Rock'n'Roll. Dann spielt er endlich in einer Band, aber die Plattenfirmen und die Bandmitglieder möchten nicht, dass er deutsche Lieder singt: Erstens sei das angeblich nur die Sprache der Schlager, und außerdem die Sprache der Täter – geht gar nicht! Die erste Single erscheint auf Englisch. Aber der Durchbruch kommt mit dem Panikorchester und dem Hit "Alles klar auf der Andrea Doria" im Jahre 1973. Da endet der Film. Schade, man hätte gern noch die weitere Entwicklung verfolgt, etwa den Auftritt in Ost-Berlin ("Sonderzug nach Pankow") und das furiose Comeback nach dem Absturz vor ein paar Jahren; der titelgebende Song "Ich mach' mein Ding" (2008) kommt nicht vor.
Dargestellt wird Udo von dem jungen Schauspieler Jan Bülow, das ist ein Glücksfall. Bülow eignet sich die Biographie an, diesen ständigen Wechsel zwischen Konzentration und Chaos, zwischen Freude und Depression. Singen kann er auch! (Er singt vier von fünfzehn Liedern.) Er verzichtet allerdings darauf, die näselnde Stimme Lindenbergs nachzuahmen und gebraucht auch kaum die Elemente der Jugendsprache, die Udos Markenzeichen sind ("Wotan Wahnwitz", "Keine Panik", "Controletti", "rumflippen", "tierisch"...) Lindenberg über Bülow: "Jan Bülow ist 'ne Rock'n'Roll-Rakete. Ein Geschenk der Götter".
Udo Lindenbergs kulturelle und politische Leistung, sein Einsatz für neue deutsche Rockmusik, für Veränderung, Frieden und Freundschaft, für die Überwindung der deutschen Teilung – all das kann nicht überschätzt werden. Wolf Biermann schrieb einmal: "Ein Proletarier im Showgeschäft. Seine privatisierte Verrücktheit, seine nichtigsten Geschichten erzählen Wichtigeres über das Leben in der kapitalistischen Bundesrepublik als etliche säuerliche Politmoritaten." Er selbst hat über sich gesagt: "Ich bin auch nur ein Crazy Man, weißte? Hab' nichts Ordentliches gelernt, irgendwas musste ich ja machen." Manfred Lauffs /
Wertung: * * * * *
(5 von 5)
Quelle der Fotos: siehe jedes einzelne Foto Filmdaten Lindenberg! Mach dein Ding Deutschland 2020 Regie: Hermine Huntgeburth; Darsteller: Jan Bülow (Udo Lindenberg), Detlev Buck (Produzent Mattheisen), Max von der Groeben (Steffi Stephan), Charly Hübner (Vater Gustav), Julia Jentsch (Mutter Hermine), Ruby O. Fee (Paula), Saskia Rosendahl (Petra), Martin Brambach (Herm), Gabriela Maria Schmeide (Lola), Christoph Letkowski (Hans), Jesse Hansen (Udo als Kind), Claude Heinrich (Udo als Teenager), Julius Weckauf (Teenager Clemi), Jeanette Hain (Frau Langschmidt), Leonard Kunz (Karl Allaut) u.a.; Drehbuch: Alexander M. Rümelin, Christian Lyra, Sebastian Wehlings; Produzenten: Michael Lehmann, Johannes Pollmann, Günther Russ; Kamera: Sebastian Edschmid; Musik: Oli Biehler; Schnitt: Ueli Christen, Eva Schnare; Länge: 134,32 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der DCM Film Distribution GmbH; deutscher Kinostart: 16. Januar 2020
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