18.11.2016
Eine Romanze in Moll von Woody Allen

Café Society


Café Society: Jesse Eisenberg, Kristen Stewart "Das Leben ist eine Komödie, geschrieben von einem sadistischen Autor." Woody Allen selbst sagt dies in seinem Film "Café Society" als Off-Kommentator. Gemeint ist: Unglückliche Liebe kann brutal sein. Ein junger, unbedarfter Mann aus New York lernt im Hollywood der 1930er-Jahre eine Frau kennen, die Assistentin seines Onkels. Sie hat jemanden zum Partner, sagt sie. Sich verlieben ist verboten. Der junge Mann tut es trotzdem, was kann er auch dafür. Er erfährt nicht sofort, um wen es sich beim Partner handelt: um seinen mit einer anderen Frau verheirateten Onkel. Und die junge Frau? Verliebt sich zunächst in beide. Auch nach ihrer Entscheidung für einen der beiden ist das Feuer nicht erloschen.
Woody Allens 48. Regiearbeit inklusive Fernsehproduktionen erzählt ihre Geschichte zu althergebracht. Man kann sagen: Allen hat den Film mehr für sich selbst gedreht. Er schwelgt gerne in der Vergangenheit, lässt sie wiederauferstehen, wie schon in "Midnight in Paris" (2011). Diesmal das alte Hollywood.

Café Society: Steve CarellWoody Allen ist ein Intellektueller. Dies wissen wir, seitdem er 1977 mit "Der Stadtneurotiker" von Slapstick zu ernsteren Komödien oder gar Dramen umschwenkte und dabei weitestgehend blieb. Eines der Dramen: "Innenleben" (1978). Ein Mann verlässt seine Frau. Sie bleibt leidend zurück. Die Story dieses Films erinnert sehr an Theodor Fontanes Roman "Unwiederbringlich". Es ist wohl nur Zufall. Oder hat sich der intellektuelle Regisseur die deutsche Literatur zum Vorbild genommen? Denn auch "Café Society" erinnert von Ferne an einen deutschen Klassiker, Theodor Storms "Immensee". Eine junge Frau heiratet – und bereut es am Ende. Denn die Liebe galt letztlich einem anderen, dem sie am Schluss der Novelle wiederbegegnet.

Dramen hat Woody Allen schon lange nicht mehr inszeniert, dafür bittere Komödien oder Thriller wie "Match Point" (2006) oder zuletzt "Irrational Man" (2015). Er ist jetzt zurück bei Komödien mit viel Zynismus – und Leichen. Ein Nebenstrang der Handlung von "Café Society" erzählt von Ben, der alle Skrupel abgelegt hat und Leute killt. Sie in Beton gießt. Und sei es nur den zu lauten Nachbar seiner Schwester. Ben ist der Bruder von Bobby (Jesse Eisenberg), der Hauptfigur, die von New York nach Los Angeles geht, um bei Onkel Phil (Steve Carell) in Hollywood zu arbeiten. Phil ist Agent für Filmstars. Und verliebt. In seine Assistentin Vonnie (Kristen Stewart). Sie liebt ihn auch. Er ist verheiratet, möchte sich aber scheiden lassen. Und auch wieder nicht. Sein Hin und Her erlaubt Bobby eine Annäherung an Vonnie. Bald liebt sie beide Männer. Eine Entscheidung rückt näher.

Café Society: Corey Stoll als Ben (links) Das Hollywood der 1930er-Jahre. Gerne hätte man als Cineast die Zeit miterlebt. So auch Regisseur Allen, Jahrgang 1935. Dazu erklingt Allens Lieblingsmusik, Jazz, fast stets im Film. Der New Yorker Filmemacher erlaubt sich den Blick zurück. Es ist das Beste an "Café Society": zu hören, wie Onkel Phil beispielsweise von Schauspielerin Irene Dunne spricht, die er gerade in einem Film untergebracht hat. Das Haus von Spencer Tracy wird begutachtet. Es erklingt ein Namedropping, sämtliche Leinwandstars der Ära werden genannt. Dazu Partys, Partys, Partys, wie sie die High Society Hollywoods damals gefeiert haben dürfte. Woody Allen schwelgt, und der Zuschauer mit. Um die Szenerie zu konstruieren, erfand er allerdings eine allzu banale Liebesgeschichte mit unbefriedigendem Ende, wo doch Allen gerne in seinen Filmenden stets zum Punkt kommt. Auch Bobbys jüdische Familienmitglieder wirken wie aus alten Allen-Werken entlehnt. Nichts Neues an dieser Front.

Woody Allen dreht seit Jahrzehnten einen Film pro Jahr. Manchmal wünscht man ihm, zu pausieren und mal wieder mit mehr Anlaufzeit ein Meisterwerk zu präsentieren. "Café Society" ist keines.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * (2 von 5) 
 

Quelle der Fotos: 2016 Gravier Productions / Sabrina Lantos

 
Filmdaten 
 
Café Society (Café Society) 
 
USA 2016
Regie & Drehbuch: Woody Allen;
Darsteller: Jesse Eisenberg (Bobby Dorfman), Kristen Stewart (Vonnie), Steve Carell (Phil), Corey Stoll (Ben), Blake Lively (Veronica), Jeannie Berlin (Rose), Ken Stott (Marty), Sari Lennick (Evelyn), Stephen Kunken (Leonard), Parker Posey (Rad), Paul Schneider (Steve), Douglas McGrath (Norman) u.a.;
Produzenten: Letty Aronson, Stephen Tenenbaum, Edward Walson; Kamera: Vittorio Storaro; Schnitt: Alisa Lepselter;

Länge: 96,26 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Warner Bros. Pictures Germany; deutscher Kinostart: 10. November 2016



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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