10.01.2008
Flucht in die Welt des Kapitals

Yella


Yella Christian Petzolds achter Spielfilm stellt die junge Ostdeutsche Yella (Nina Hoss) in den Mittelpunkt des Geschehens. Eine Wandlerin zwischen den Welten: Von der Schwermut und Arbeitslosigkeit des Ostens wechselt die Frau in den kalten Hochglanz des Risikokapitals der westlichen Welt. Dort reüssiert sie, doch die Vergangenheit holt sie ein.
Trotz Schwächen im Skript ist Petzolds "Yella" atmosphärisch einer der bemerkenswertesten deutschen Filme seit langem.

"Gespenster" haben es Regisseur Christian Petzold nach eigener Aussage angetan. Nach "Die innere Sicherheit" (2001) und "Gespenster" (2005) schließt er mit "Yella" eine Trilogie ab. In den drei Filmen erzählt er von Menschen, die mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. In "Die innere Sicherheit" waren es ehemalige deutsche Terroristen, denen man nicht vergibt, in "Gespenster" eine Frau, die glaubt, ihre Tochter in einer Fremden wiederzufinden. In "Yella" macht sich die Titelfigur auf den Weg in den Westen Deutschlands, um ein anderes Leben zu beginnen. Yella will weg, endlich Wittenberge mit seiner hohen Arbeitslosigkeit und ihre gescheiterte Ehe hinter sich lassen.

Yella FilmplakatStatt jenseits der Elbe landet Yella zunächst in dem Fluss. Ihr Noch-Gatte Ben (Hinnerk Schönemann), der seine Emotionen nicht unter Kontrolle behält, fährt Yella nicht wie versprochen zum Bahnhof. Er lenkt das Auto von einer Brücke in die Elbe. Er kann es nicht ertragen, Yella zu verlieren. Sie befreit sich aus dem Wrack und erreicht ihren Zug gen Westen rechtzeitig. In Hannover lernt sie Philipp (Devid Striesow) kennen. Er führt sie in die Welt der Private-Equity-Unternehmen, des Venture Capitals ein. Aus seiner Sekretärin wird schnell seine Mitverschworene. Das Spiel ums Geld, das er beherrscht, wird sofort auch von ihr beherrscht. Es ist eine Welt der blitzblanken Büros, der klinisch sauberen Flure und anonymen Hotelzimmer. Hier, hinter den Kulissen der Macht, wird über körperloses Risikokapital in Übernahmeverhandlungen entschieden. Yella fühlt sich wohl in dem Ambiente, das sie erfolgreich angestrebt hatte. Aber etwas stimmt nicht mit ihr. Und Ben ist ihr nach Hannover gefolgt, um sie zu bedrohen.

Yella kommt aus einer Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit in die Stadt mit dem nahezu leerstehenden Expo-Gelände, Hannover. Christian Petzold zeichnet ein dusteres Bild Gesamtdeutschlands. Zwischen beidem, dem bei Petzold vollends ruinierten Ostdeutschland und dem Westdeutschland der Ödnis des Expo-Geländes, macht der Regisseur keinen Unterschied. Wittenberge war verärgert über seine Darstellung, heißt es - aber Hannover kommt auch schlecht weg. Nicht die geografische Umgebung, sondern die Wirtschaft ist schuld an der Misere, so Petzold.

YellaMehr noch als Wirtschaftskrimi ist "Yella" ein Horrorfilm, dem man dies nicht auf den ersten Blick ansieht. Der Horror ist hier ein soziologischer: Einmal beobachtet Yella eine Familie, wie sie sie sich zu wünschen scheint, Vater, Mutter, trautes Heim. Yellas zwei Männer denken an Yellas Geld für die eigene Pleitefirma (Ben) und Yellas Fähigkeiten, Geld skrupellos aus anderen Menschen herauszuholen (Philipp). Damit der Eindruck des Horrors auch greifbar wird, trägt Petzold zu dick auf, wenn Yella das Plätschern des Wassers und das Kreischen der Raben von der Unglücksstelle an der Elbe wiederzuhören glaubt. Trotz dieser unnötigen Übertreibung ist "Yella" ein atmosphärisch herausragender Film, mit hervorragenden Schauspielern, denen allerdings mancher schwerfällige Dialog ins Skript geschrieben wurde. Nina Hoss spielt die eindrucksvollste Rolle in ihrer bisherigen Karriere. Sie erhielt dafür den Silbernen Bären der Berlinale 2007 als Beste Schauspielerin.

 

Michael Dlugosch / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Piffl Medien

 
Filmdaten 
 
Yella (Deutschland 2007) 
 
Regie: Christian Petzold;
Darsteller: Nina Hoss (Yella), Devid Striesow (Philipp), Hinnerk Schönemann (Ben), Burghart Klaußner (Dr. Gunthen), Barbara Auer (Barbara Gunthen), Christian Redl (Yellas Vater), Wanja Mues (Sprenger), Michael Wittenborn (Dr. Schmidt-Ott), Martin Brambach (Dr. Fritz) u.a.; Drehbuch: Christian Petzold; Produktion: Florian Koerner von Gustorf; Ausführende Produktion: Michael Weber; Kamera: Hans Fromm;

Länge: 89 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Piffl Medien; deutscher Kinostart: 13. September 2007



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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