28.08.2013
Das Miller-Bunch-Movie

Wir sind die Millers


Wir sind die Millers "Wir sind nicht The Brady Bunch!", ruft David Clark (Jason Sudeikis), obwohl Sohn Kenny (Will Poulter), Teenager-Tochter Casey (Emma Roberts) und Gattin Rose (Jennifer Aniston) das reale Pendant der lupenreinen Fernsehfamilie sein könnten. "Wir sind die Millers". Was der in die Bredouille geratene Drogendealer verkündet, ist der Titel von Rawson Marshall Thurbers holprigem Road Movie über die resozialisierende Wirkung von gruppentherapeutischen Fake-Familien-Spielen auf vermeintliche Misfits. Einer davon ist David, der für seinen Lieferanten Brad Gurdlinger (Ed Helms) eine Monsterladung Marihuana aus Mexiko schmuggeln soll und dafür die perfekte Tarnung engagiert.

Davids Fake-Familie sind der jungfräuliche Kenny, die rotzige Streunerin Casey und Stripperin Rose. Sozialer Sprengstoff? Höchstens für erzkonservative Friede-Freude-Eierkuchen-Familien, die der schematische Klamauk zu karikieren vorgibt, doch tatsächlich idealisiert. So falsch wie Davids Verwandtschaft ist die Satire als Staffage vor der Stimme der Moral. Die gebietet Rose zu kündigen, da ihr schmieriger Boss Todd (Ken Marino) neuerdings Sexdienstleistungen anbieten will, um mit dem Apple-Store gegenüber mitzuhalten. Nicht alle Stripperinnen Mitte 40 locken Publikum wie Dita von Teese, besonders, wenn sie so hausmütterliche sind wie Jennifer Aniston. Genau diese Biederkeit scheint Regisseur Thurber zu erwarten. Im Strip-Club kleidet sich Rose wie eine Transe, später entkleidet sie sich in einer Strip-Club-Bühnen-mäßigen Fabrikhalle wie in Opas liebster Unterwäschewerbung. Von dieser Nummer soll sogar einem mexikanischen Drogenboss heiß werden, dabei ist sie so lau wie die Story aus dem Comedy-Klischee-Baukasten. Zusammengesetzt haben sie Bob Fisher und Steve Faber, an deren Drehbuch noch Sean Anders und John Morris mitschrieben. Ein Autoren-Quartett kam man die vier nicht nennen, da das implizierte, sie würden im Ton harmonieren.

Wir sind die Millers: Filmplakat Stattdessen scheint es, die Handlung würde mit aller Gewalt in entgegengesetzte Richtungen gezerrt. Am Ende ist offenkundig in welcher Ecke sie landet: der rechts außen, wo man sich einig ist, dass Mexikaner entweder Drogendealer sind oder illegale Immigranten, dass "Männer, die die Gesellschaft von Männern bevorzugen" korrupt und lächerlich sind und Frauen, die "mit einer Frau...", geil anzuschauen und lächerlich sind, dass es lustig ist, wenn die Grenzkontrolle bei Hippies wortwörtlich zuschlägt und dass die vorschnelle Brady-Bunch-Biederkeit doch eine fesche Sache ist. Rose ist plötzlich ganz beschützende Mama als Casey nach einem Flirt mit Kid-Rock-Kopie Scottie P. (Mark L. Young) auf dem Motorrad losbraust. Kenny lernt von Alibi-Mutter und -Schwester das Küssen und profitiert von der Lektion bei der jungen Melissa (Molly Quinn). Sie ist die Tochter von Don (Nick Offerman) und Edie (Kathryn Hahn), Vertretern der Gattung, die David "Real-Life Ned Flanders" tauft. Quietschvergnügte Spießer, denen die Polizei stets hilfsbereit begegnet. Kein Wunder, ist doch Don selbst Leiter eines Sondereinsatzkommandos, das auch im Plot für Recht und Ordnung sorgt. Am Ende rettet nur patriarchalische Spießigkeit in Gestalt von Don die verirrten Amerikaner vor der mexikanischen Bedrohung, Verweichlichung und Metrosexualität.

Wir sind die Millers Kenny darf als männliche Initiation den Kartell-Boss (Tomer Sisley) niederschlagen und ein dreifacher Kuss stellt klar, dass hier alle hetero sind. Dazu knallt zum 4. Juli Feuerwerk, wohingegen eine in Mexiko gekaufte Rakete, die von den Millers vor der familiären Epiphanie gezündet wird, kläglich verpufft. Richtig krachen nur amerikanische Ware und Werte. Patriotismus und Paternalismus sind ein perfektes Paar und machen perfekte Paare. Bloß Casey geht leer aus, weil tätowierten Scottie P.'s keine Familientypen sind. Dafür knutschen Don und Edie, Kenny und Melissa, David und Sarah. Sarah? Jawohl, denn Rose hieß schon immer wie eine brave Hausfrau aus einem blitzblanken Vorstadt-Heim. Dort leben die Millers ihre Scharade schließlich fröhlich unter Zeugenschutz weiter. Manche, so die gar nicht lustige Moral, muss man eben zu ihrem Glück zwingen. Notfalls mit Staatsgewalt.  

Lida Bach / Wertung: * (1 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Michael Tackett / Warner Bros. Entertainment

 
Filmdaten 
 
Wir sind die Millers (We're the Millers) 
 
USA 2013
Regie: Rawson Marshall Thurber;
Darsteller: Jennifer Aniston (Rose O'Reilly), Jason Sudeikis (David Clark), Will Poulter (Kenny Rossmore), Emma Roberts (Casey Mathis), Ed Helms (Brad Gurdlinger), Nick Offerman (Don Fitzgerald), Kathryn Hahn (Edie Fitzgerald), Molly Quinn (Melissa Fitzgerald), Tomer Sisley (Pablo Chacon), Matthew Willig (Einauge), Luis Guzmán (mexikanischer Cop) u.a.;
Drehbuch: Bob Fisher, Steve Faber, Sean Anders, John Morris; Produzenten:Chris Bender, Vincent Newman, Tucker Tooley, Happy Walters; Kamera: Barry Peterson; Musik: Ludwig Göransson, Theodore Shapiro; Schnitt: Michael L. Sale;

Länge: 109,44 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Warner Bros. Pictures Germany; deutscher Kinostart: 29. August 2013



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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