13.12.2009 (publiziert)
25.04.2007 (geschrieben)

Unternehmen Erdnussbutter

Ein kleiner Junge wird in einem abgebrannten Geisterhaus mit den verborgenen Ur-Ängsten seiner Phantasie konfrontiert. Als ihm danach schlagartig sämtliche Haare ausfallen, beginnt für ihn und seine Freunde eine abenteuerliche Odyssee.

Als die Mutter eines Tages nach Australien reisen muss, um die letzten Angelegenheiten des verstorbenen Großvaters zu regeln, sind die beiden Geschwister Michael (Mathew Mackay) und Suzie (Alison Podbrey) im Haushalt größtenteils auf sich allein gestellt. Ihr Vater Billy (Michael Hogan), ein gestrandeter Künstler, liebt sie zwar heiß und innig, ist aber in praktischen Alltagsfragen kaum zu gebrauchen. Die meiste Zeit des Tages verbringt er in seinem Atelier im Dachgeschoss des Hauses. Als eines Morgens Michaels Freund Conny (Siluk Saysanasy) zum Frühstück vorbeischaut, erzählt er Michael von einem großen Feuerwehreinsatz in der letzten Nacht. Opfer der Flammen wurde ein altes Spukhaus am Rande der Stadt – und mit ihm ein altes Vagabundenpärchen, das dort übernachtet hatte. Auf dem Rückweg von der Schule beschließen die beiden Freunde, den Trümmern des Hauses einen Besuch abzustatten. Just in dem Moment allerdings, als Michael das verfallene Gemäuer betritt, entfährt ihm ein markerschütternder Schrei. Bewusstlos bricht der Junge zusammen. Als er am nächsten Morgen aufwacht, sind ihm sämtliche Haare ausgefallen. Der konsultierte Arzt diagnostiziert einen akuten Angstschock, doch außer strikter Ruhe weiß er auch keinen medizinischen Rat. Unverhoffte Hilfe erhält Michael dann allerdings eines Nachts in Gestalt der beiden ums Leben gekommenen Landstreicher, die ihm ein spezielles Haarwuchs-Geheimrezept verraten. Zu dumm nur, dass ihm bei der Portionierung ein entscheidender Fehler unterläuft: Da er bei der Mischung zuviel Erdnussbutter hinzumischt, hört sein Haar fortan nicht mehr auf zu wachsen. Höchst interessiert an diesem Wunder zeigt sich überraschenderweise gerade Michaels ehemaliger Kunstlehrer, der geheimnisumwitterte "Signor" (Michael Maillot). Er benötigt die Haare des Jungen zur Herstellung von magischen Zauber-Pinseln...

"Unternehmen Erdnussbutter" (1985) ist der erste abendfüllende Spielfilm des 1938 in Australien geborenen Regisseurs Michael Rubbo. Nachdem er fürs kanadische "National Film Board" zunächst circa 30 Dokumentarfilme gedreht hatte, erhielt er von Produzent Rock Demers das Angebot, in den Kinderfilm-Bereich hinüberzuwechseln. "Unternehmen Erdnussbutter" basiert auf einer kurzen Geschichte mit dem Titel "Michael's Fright", die Rubbo zu Beginn der achtziger Jahre für seinen damals sechsjährigen Sohn Nikolas geschrieben hatte. "Die Botschaft ist einfach", umreißt der Regisseur eine Grundidee. "Es ist gut, sich mit Sachen auseinanderzusetzen, die einem Angst machen. Denn wenn Du es machst, dann werden diese Dinge so wenig Angst einflößend, wie Du es Dir vorher niemals hättest vorstellen können."

Seine jungen Hauptdarsteller fand Michael Rubbo im eigenen Bekanntenkreis. "Ich arbeite fast nie mit professionellen Schauspielern zusammen", erinnert sich der Filmemacher. "Ich finde meine Kinder in ihren Schulen. Ich liebe die Frische dieser Kinder. Michael ist das Kind eines Freundes. Conny ist ein Flüchtling aus Laos, der damals erst kurz vorher mit seinen Eltern nach Kanada gekommen war."

"Unternehmen Erdnussbutter" ist ein Film, der die Belange seines jugendlichen Publikums ernst nimmt, ohne dabei in den Gestus des pädagogisch erhobenen Zeigefingers zu verfallen. Seine Charaktere sind authentisch, weil die Kinder, die sie spielen, natürlich und unverfälscht agieren dürfen. In einer drolligen Umkehrung der realen Machtverhältnisse macht Rubbo die Erwachsenen zu den wahren Naivlingen, deren Autorität sich vor der pragmatischen Lebensweisheit der Kinder in Luft auflöst. Dass die Erwachsenen im Film dabei nahezu ausnahmslos von Männern dargestellt werden, spricht in diesem Kontext Bände. Nicht umsonst ist am Ende alles wieder in Ordnung, als Michaels Mutter aus dem Taxi steigt. In diesem Sinne lässt sich "Unternehmen Erdnussbutter" letzten Endes vor allem alles eines lesen – als Loblied auf die Mütter, ohne die unser aller Leben so unendlich viel schwerer wäre.  

Christian Heger / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Unternehmen Erdnussbutter
(The Peanut Butter Solution)

Kanada 1985
Alternativtitel in Kanada (französischer Titel): Operation beurre de pinottes
Regie: Michael Rubbo; Drehbuch: Vojtech Jasný, Andrée Pelletier, Louise Pelletier, Michael Rubbo; Produktion: Rock Demers, Nicole Robert; Kamera: Thomas Vámos; Musik: Lewis Furey;
Darsteller: Mathew Mackay (Michael), Siluk Saysanasy (Conrad), Alison Podbrey (Suzie), Michael Hogan (Billy), Michel Maillot (Sergio), Helen Hughes (Mary), Griffith Brewer (Tom), Harry Hill (Dr. Epstein), Edgar Fruitier (Arthur), Pat Thompson (Miss Prume), Terrence Labrosse (Mr. Gingras) u.a.;

Länge: 94 Minuten; BRD-Kinostart: 5. Oktober 1989



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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