10.08.2000

"The Rutles legend will live after lots of other living legends have died."

The Rutles
- All You Need Is Cash

Dies ist der ideale Film und ein absolutes Muß für alle Beatles-Fans und Freunde der britischen Comedy. 1978 drehte Eric Idle, Mitglied der Comedy - Gruppe Monty Python, seine mehr als gelungene Parodie auf die englische Band "The Beatles".

Ähnlich wie beim bekanntesten Spielfilm der Pythons, Das Leben des Brian (1979), in dem die Hauptfigur ein Schicksal wie Jesus Christus ereilt, darf hier die fiktive Band The Rutles die Biographie der Beatles durchleben. Fast jedes Detail, das über die Beatles bekannt ist, läßt sich hier wiederfinden - nur haben die Filmcharaktere eben andere Namen oder Ereignisse sind leicht abgewandelt, übertrieben oder zusammengefaßt.
Im klassischen Stil einer Dokumentation bekommt der Zuschauer zu Beginn eine Kurzbiographie zu sehen und ihm werden die vier Bandmitglieder Dirk McQuickly (Paul McCartney), Ron Nasty (John Lennon), Stig O'Hara (George Harrison) und Barry Wom (Ringo Starr) vorgestellt.
Ein Reporter (ebenfalls Eric Idle) sucht die Originalschauplätze der Bandkarriere auf, beginnend mit dem Platz in Liverpool, an dem Dirk und Ron das erste Mal aufeinander getroffen sein sollen - und zwar besoffen. Die "Rutles" werden gegründet, haben ihre ersten Auftritte und werden von ihrem späteren Manager entdeckt: Brian Epstein heißt hier Leggy Mountbatten und scheint zweifelhafte Interessen an seinen Schützlingen zu haben. Seine Mutter wird vom Reporter befragt, was an den Rutles denn das Interesse von Leggy Mountbatten erregt habe, sei es die Musik gewesen? "Nein", antwortet sie, "Er haßte sie." Ihre Mutmaßung: "I think it was the trousers." - die engen Hosen seien es gewesen. Es ist kein großes Geheimnis, dass Brian Epstein homosexuell war.
Mit dem neuen Manager geht es mit den Rutles steil bergauf, die Rutlemania/Beatlemania läßt nicht lange auf sich warten. Wie keine andere Band zuvor werden die Rutles vermarktet und werden auf der ganzen Welt von Teenagern umjubelt. Bald nehmen sie nicht nur Alben auf, sondern spielen auch in Filmen wie A Hard Day´s Rut (A Hard Day´s Night) und Ouch! (Help!). Ihr selbstgedrehter Film The Tragical History Tour (The Magical Mystery Tour) ist zwar nicht annähernd so erfolgreich wie die früheren Filme und wird zudem von den Kritikern verrissen, doch dafür ist er an verrückten Einfällen und Experimentierfreude kaum zu übertreffen.

Am echten "Magical Mystery Tour"-Film von 1967 kann man übrigens schnell erkennen, wie nah der Humor der Beatles und der Humor der Pythons zusammenliegen. Es ist kein Wunder, daß die Pythons oft "die Beatles der Komik" genannt wurden. Späteres Zusammenarbeiten scheint da fast unausweichlich. Es gibt sogar noch eine zweite direkte Verbindung zwischen den Filmen, denn in der "Magical Mystery Tour" taucht die "Bonzo Dog Doo-Dah Band" auf; die alte Band von Neil Innes, der bei den Rutles John Lennon mimen darf. Neil Innes zeichnet sich auch für sämtliche Musik und Songtexte verantwortlich, die natürlich den Film erheblich mittragen.
Mit den Rutles geht es von da an bergab. Ihre Platten sind kommerziell nicht so erfolgreich wie zuvor, auch künstlerisch umstritten, und die Stimmung zwischen den Bandmitgliedern ist gespannt. Die meisten möchten musikalisch eigene Wege gehen. So lösen sich die Rutles nach 10 Jahren auf; kurz wird im Film noch beleuchtet, was die einzelnen Musiker danach gemacht haben.

Man kann darauf vertrauen, daß die Beatles-Fakten gut recherchiert sind, denn schließlich waren George Harrison und Eric Idle befreundet. Wie auch später bei Leben des Brian, wo er ausführender Produzent war, ist Harrison auch hier ein kleiner Auftritt vergönnt. Die Beatles gaben auch die offizielle Erlaubnis, altes Bildmaterial zu nutzen.
Die Liste der prominenten Darsteller ist lang, angefangen bei den Musikerkollegen Paul Simon und Mick Jagger, die die Geschehnisse als Zeitzeugen kommentieren - bis hin zu den "Bluesbrüdern" John Belushi und Dan Aykroyd. Bill Murray spielt passender weise den Radio - Diskjockey "Murray the K". Mit Michael Palin ist ein weiteres Mitglied von Monty Python vertreten.
Der Film entstand zu einer Zeit, als die Pythons parallel zusammenarbeiteten und jeder seinen eigenen Projekten nachging. Die Beatles hatten sich vor ein paar Jahren getrennt, und keiner wollte an die Endgültigkeit der Trennung glauben. In jedem Interview wurden sie von Journalisten genervt, ob es denn eine Wiedervereinigung geben würde. Bis zur Ermordung John Lennons im Jahr 1980 (und sogar darüber hinaus) gab es wilde Spekulationen. Eric Idle hatte 1975 eine TV-Serie namens Rutland Weekend Television, für die er Neil Innes bat einen Song zu komponieren. Neil Innes hatte schon sporadisch mit den Pythons zusammengearbeitet, zuletzt bei ihren Live-Auftritten. Idle verwendete den Song auch für die amerikanische Sendung Saturday Night Live, und so langsam entstand die Idee, in dem Stil einen ganzen Film zu drehen. Zum Film erschien auch ein liebevoll aufgemachtes Album mit dem Soundtrack. Jahre später gab es im Alleingang von Neil Innes noch eine Fortsetzung mit dem Titel The Rutles: Archaeology (1996), zeitgleich mit der Anthology der echten Beatles.

Musik und Komik kommen also nicht zu kurz, der Film sprüht förmlich vor Ideen. Es gibt eine Menge origineller Gags - offensichtliche und subtilere - vieles fällt einem erst beim mehrfachen Sehen auf. Hier steckt einfach viel drin. Es sollte noch hervorgehoben werden, daß sich das Werk für hartgesottene Beatles-Experten ebenso lohnt wie für Einsteiger. Insgesamt geht der Film angenehm leicht an das Thema heran, ohne die Beatles als Menschen zu sehr zu verklären. Eher sind es die Anekdoten und kuriosen Begebenheiten um die Beatles herum, die eine Art Eigenleben zu entwickeln scheinen - wie zum Beispiel die obskure "Paul is dead" - Geschichte.

Filmisch gesehen darf man von The Rutles kein Hochglanzkino erwarten. Doch haben alle Beteiligten aus dem geringen Budget das Bestmögliche gemacht, und ein gewisser Dilettantismus ist sicher auch geplant. Es überwiegen schnelle Schnitte, in kurzer Zeit muß ja auch viel erzählt werden. Einige Szenen sind mit Handkamera gedreht. Der Stil ist nicht störend und hat einen unwiderstehlichen Charme. Die Darsteller sind alle mit Spaß und Engagement bei der Sache, besonders die vier Hauptdarsteller können überzeugen. Die Bewegungen und die Mimik sind teilweise verblüffend nah an den Originalen. Neil Innes würde man seinen Liverpooler Akzent glatt abkaufen.
Auch hier kann man nur das englischsprachige Original empfehlen, die Originalfassung ist noch dazu minimal länger als die deutsche. Schade auch, daß man danach nichts vergleichbares mehr von Eric Idle gesehen oder gehört hat.

Bleibt eigentlich nur noch den Schlußgag zu zitieren. Question: "Do you think they´ll ever get back together again?"
Mick Jagger: "I hope not."

 

Jessica Ridders / Wertung: * * * * (4 von 5)



Filmdaten

The Rutles - All You Need Is Cash
(The Rutles)

GB 1978
Regie: Gary Weis und Eric Idle; Drehbuch: Eric Idle; Kamera: Gary Weis; Schnitt: Aviva Slesin; Musik: Neil Innes; Darsteller: Eric Idle (Dirk McQuickley / S.J. Krammerhead / Erzähler), Neil Innes (Ron Nasty), Rikki Fataar (Stig 0'Hara), John Halsey (Barry Wom), Dan Aykroyd (Brian Thigh), John Belushi (Ron Decline), Michael Palin (Eric Manchester), Gilda Radner (Emily Pules), George Harrison (Interviewer), Bianca Jagger (Martini), Mick Jagger und Paul Simon (als sie selbst), Ron Wood, Bill Murray u.a.; Länge: 70 Minuten; FSK: ab 16 Jahren



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