06.01.2016
The Revenant - Der Rückkehrer
Bäume und Felsen, eisige Kälte, reißende Wasser, Schnee und Eis. Weit weg von der Zivilisation, wo nur noch das eigene Gewissen die Grenze zwischen Gut und Böse ist, kann sich die animalische Seite des Menschen zeigen und ihr böses Ansinnen entfalten. Hier spielt sich die Geschichte des "Wiederkehrers" ab, der, von Biest und Mensch niedergemetzelt, es wieder und wieder schafft, ins Leben zurückzukehren, mit einem schier unbesiegbaren Überlebenswillen, um das Böse zu besiegen. Ein ebenso meisterhafter wie ungemein harter Film, der auch den Zuschauer an die Grenzen des Erträglichen führt.
Der schillernde mexikanische Regisseur Alejandro G. Iñárritu, der herausragende Werke wie "Biutiful" oder "21 Gramm" schuf, der für den untypischen "Birdman" etliche "Oscars" erhielt, den Tod und Surrealismus faszinieren, widmet sich jetzt dem Überlebenskampf des Trappers Hugh Glass, einer historisch realen Persönlichkeit, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts schwer verletzt und übel zugerichtet nach einem Grizzly-Angriff von ihren Begleitern John Fitzgerald und Jim Bridger zurückgelassen wird. Zuvor ermordete man den Sohn des Trappers. Der Film ist eine Adaptation des Romans "Der Totgeglaubte" von Michael Punke, das Drehbuch schrieben Iñárritu und Mark L. Smith zusammen. Der furchtlose Regisseur zeigt unter anderem auch in Nahaufnahme das blutreiche Gemetzel mit dem Bären, so dass man als Zuschauer den Atem des Tieres förmlich im Ohr spürt, und auch vor vereiterten Wunden und blutigen Mahlzeiten schreckt er nicht zurück. Dass die Dreharbeiten den Darstellern unglaublich viel abverlangten steht außer Zweifel. Einige Mitglieder der Filmcrew sollen wegen der harten Arbeitsbedingungen in den kältesten Regionen Kanadas und später Argentiniens das Projekt vorzeitig verlassen haben. Auch für Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio war dies der anstrengendste Film seiner Karriere, laut eigener Aussagen. Aber gelohnt hat es sich, weil schon vor Herausgabe des Films bereits Golden-Globe-Nominierungen eintrudelten. Die punktgenaue, mysteriöse und beschwörende Filmmusik (u.a. vom Komponisten Ryuichi Sakamoto) trägt maßgeblich zur Dramatik bei. Ganz klar erkennbar ist die Handschrift des Regisseurs, der mystische Elemente mit realistischen Aufnahmen ausschließlich in natürlichem Licht verbindet, und dadurch diese eigene Atmosphäre erzeugt, die auch beim Zuschauer in die Tiefen des Bewusstseins vordringt. Wenige Filme schaffen das – man denke dabei auch an einige Streifen von Michael Haneke. "The Revenant" thematisiert das, was den Menschen dazu führt oder davon abhält, bestialisch zu werden. Und dass es selbst im Unwirtlichsten und der tiefsten Verzweiflung Raum für Menschlichkeit gibt. Wenn man sich dafür entscheidet. Aber dafür muss man eine Weile in eine gefühlte Hölle absteigen, dem unkontrollierbaren Biest in der Tiefe der menschlichen Seele direkt ins Auge blicken. Und dies gelingt Iñárritu. Unreif wirken im Filmgeschehen die reinen Racheakte, die gleichzeitig mit den Worten kombiniert werden, dass die Rache den Göttern gehöre. Weil es so wirkt, als könnten sich die Autoren weder für das eine noch das andere entscheiden. Auch wenn die Geschichte selbst etwas einlinig wirkt, so ist es die dichte Atmosphäre des über zweieinhalbstündigen Films, welche die eigentliche Qualität des Streifens ausmachen. Kein Popcorn-Kino und nichts für Empfindsame, aber großartig in der Ausführung. Hilde Ottschofski /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Twentieth Century Fox Filmdaten The Revenant - Der Rückkehrer (The Revenant) USA 2015 Regie: Alejandro González Iñárritu; Darsteller: Leonardo DiCaprio (Hugh Glass), Tom Hardy (John Fitzgerald), Domhnall Gleeson (Captain Andrew Henry), Will Poulter (Bridger), Forrest Goodluck (Hawk), Paul Anderson (Anderson), Kristoffer Joner (Murphy), Lukas Haas (Jones) u.a.; Drehbuch: Alejandro González Iñárritu, Mark L. Smith; Produzenten: Steve Golin, Alejandro G. Iñárritu, David Kanter, Arnon Milchan, Mary Parent, Keith Redmon, James W. Skotchdopole; Kamera: Emmanuel Lubezki; Musik: Bryce Dessner, Carsten Nicolai, Ryuichi Sakamoto; Schnitt: Stephen Mirrione; Länge: 156,51 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der Twentieth Century Fox of Germany GmbH; deutscher Kinostart: 6. Januar 2016 Auszeichnungen: Golden Globes 2016: Academy Awards 2016 (Oscar):
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