05.02.2016
Ein Film der 66. Berlinale 2016, Sektion Panorama

Das Ende ist erst der Anfang


Zwei gealterte Kopfgeldjäger auf der Jagd, zwei Kleinkriminelle auf der Flucht und dazu eine Gang von schmierigen Vorstadtschlägern. Ihre Wege kreuzen sich vor dem tristen Hintergrund grauer Landschaften, abbruchreifer Gebäude und Betonstraßen. Viel geredet wird nicht und der Soundtrack macht auf Spätwestern. Die Szenerie ist hässlich, die Charaktere noch mehr. So überrascht es kaum, dass Bouli Lanners' rauer Krimi kein sonderlich unterhaltsamer Anblick wird.

Das Ende ist erst der AnfangDie trockene Story um die Auftragskiller Cochise (Albert Dupontel) und Gilou (Bouli Lanners), die ein gestohlenes Handy wiederbeschaffen sollen, prahlt geradezu mit ihrer Ruppigkeit. Die starren Aufnahmen von Kameramann Jean-Paul de Zaeytijd erwecken den Eindruck, der Regisseur habe mehr Mühe in die Suche nach der idealen deprimierenden Location investiert, als in die Konstruktion der Handlung. Das Handy ist im Gepäck des ärmlichen Willy (David Murgia). Der Dieb ist mit der verlebten Esther (Aurore Broutin) auf der Flucht und zugleich auf der Suche: nach Essen, einem Platz zum Übernachten und Esthers entfremdeter Tochter. Und dann auch noch nach einem Geschenk für die Tochter, denn wenn Mami nach einer Ewigkeit plötzlich vor der Tür steht, wie eine Pennerin aussieht und einen Haufen Schwierigkeiten im Schlepptau hat, wäre ohne Geschenk zu kommen echt unhöflich! Vor wem die beiden anfangs davonlaufen wird nicht so ganz klar. Nach ihrem unlogischen Verhalten zu urteilen, vor der Vernunft. Die verfolgt Willy und Esther in Gestalt eines Typen namens Jésus (Philippe Rebbot). Lanners ist kein Freund subtiler Andeutungen, deshalb kriegt Jésus eine Handwunde, die wie ein Stigma aussieht.

Das Ende ist erst der Anfang: Michael Lonsdale, Max von Sydow Verantwortlich dafür ist ein unbedachter Schuss Willys, dessen Dummheit selbst den guten Samariter dazu bringt, in einer Kirche zu seinem Namensvetter am Kreuz aufzublicken und ratlos zu klagen: "Ich tue, was ich kann." Willy tut ebenso was er kann, um den schleppenden Plot voranzubringen. Zuerst lässt er sich beim Klauen in einem Hotel erwischen, dann beim Einbruch in eine Lagerhalle. Weil draußen in dem Niemandsland, durch das die Figuren streifen, jeder jeden kennt, kennt eine Putzfrau aus dem Hotel auch den Besitzer der Lagerhalle. Der Lagerhallen-Besitzer kennt einen Kerl, der sich mit Cochise in einer Bar anlegt. Dieser Kerl wiederum nimmt Willy das Handy ab, nur damit es dem Kerl später von Conchise abgeknöpft wird. Der todkranke Gilou liegt derweil nach einem Herzanfall im Krankenhaus und macht Bekanntschaft mit seinem Zimmernachbarn. Das ist Jésus, der seinen Handschuss auskuriert. Beide Männer sind bald wieder draußen, wo sie aus nicht näher geklärten Gründen Gutes tun. Jésus versucht Willy und Esther aus der Patsche zu helfen. Gilou schließt noch eine Freundschaft, diesmal mit einem greisen Hotelbesitzer. Mit ihm und einem altersschwachen Bestatter arrangiert er ein Begräbnis für eine mumifizierte Leiche (übrigens nicht die einzige im Film).

Damit die Romantik nicht zu kurz kommt, entwickelt Cochise Gefühle für eine einsame Zufallsbekannte (Suzanne Clément) von der Tankstelle. Ja, selbst am kalten Rand der Welt könnte das Leben so schön sein - gäbe es nicht böswillige Leute wie die Truppe Schläger. So ungefähr lautet die Kernaussage. Lanners' Werk wäre so gern ein schwarzhumoriger Neo-Western und ist doch nur eine zähe Gangster-Groteske.  

Lida Bach / Wertung: * (1 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Kris Dewitte

 
Filmdaten 
 
Das Ende ist erst der Anfang (Les premiers, les derniers) 
 
Frankreich / Belgien 2016
Regie & Drehbuch: Bouli Lanners;
Darsteller: Albert Dupontel (Cochise), Bouli Lanners (Gilou), Suzanne Clément (Clara), Philippe Rebbot (Jésus), Michael Lonsdale (Jean Berchmans), David Murgia (Willy), Max von Sydow (Priester), Lionel Abelanski u.a.;
Produzenten: Jacques-Henri Bronckart, Olivier Bronckart, Catherine Bozorgan; Kamera: Jean-Paul de Zaeytijd; Musik: Pascal Humbert; Schnitt: Ewin Ryckaert;

Länge: 97,12 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: 11. Mai 2017



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Der Film im Katalog der Berlinale
<05.02.2016>


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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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