16.03.2012
Abschiednehmen mit Wut und Trauer

The Descendants
- Familie und andere Angelegenheiten


Es ist das Paradies: Verträumte Sandstrände umranden sattgrün wuchernde blumenbesäte sanfte Hügel. Es ist immer warm, man läuft barfuß und trifft sich auch bei der Arbeit in locker sitzenden Shorts mit drüberhängendem Hemd. Als ob das Leben leichter wäre, wo die Sonne scheint. Aber wo Menschen leben, gibt es auch Probleme.

The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten: George Clooney Matt King ist als arbeitssüchtiger Anwalt gut situiert – darüber hinaus ist er Treuhänder eines Trusts, der ein großflächiges Stück Land besitzt. Er ist ein schon länger am Familienleben unbeteiligter Vater zweier sensibler und gleichzeitig rebellischer Töchter. Seine Ehe läuft seit einiger Zeit schlecht, als seine Frau einen schweren Rennbootunfall erleidet und ins Koma fällt. Bevor die Apparate abgeschaltet werden, bevor ein Abschied möglich wird, erfährt Matt von einer Affäre und den beabsichtigten Scheidungsplänen seiner Gattin. Die 17jährige Tochter weiß davon und ist auch emotional in diese Situation verstrickt. Sie hilft dem Vater – nicht zuletzt auch, um sich selbst zu helfen – die Hintergründe in Erfahrung zu bringen.

Es beginnt eine mit komischen und melancholischen Momenten gespickte detektivische und emotionale Suche, ein Sich-Finden, ein Nachdenken über die Rolle als Vater, über Familie, eheliche Treue, Wut, Freundschaft und Trauer. Es tauchen immer überraschende Informationen auf, die die Lage verändern, neue Menschen mit ihren Meinungen, so dass der überlange Film keinen Moment zu lange dauert. Man ist als Zuschauer dicht dran an den Gedanken und Sorgen Matts. Der von George Clooney spätestens seit seiner tiefgehenden Darstellung in Soderberghs "Solaris" (2003) erwarteterweise facettenreich gespielte Familienvater ist aussöhnend, wenn auch stark geplagt. Er will Vergeltung, aber keine zerstörerische Rache, ein Mann der leisen Töne, der überlegt handeln, aber im entscheidenden Augenblick auch seinem Herzen folgen kann.

Nur ausgerechnet in der zentralen Abschiedszene scheint Clooney nicht die treffendste Nuance gefunden zu haben. Dennoch ist der ganze Film von seiner gekonnten vielschichtigen Darstellung getragen.

The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten: George Clooney, Shailene Woodley Emotionale Momente gibt es bei der Darstellung der beiden Töchter – die ältere, authentisch gespielte Alexandra wird zum Kumpel und Komplizen und zum Mutter-Ersatz für die kleine zehnjährige Scottie. Es gibt herzergreifende Momente, ohne überflüssiges Pathos, die dennoch der Geschichte gerecht werden. Regisseur Alexander Payne zeigte bereits mit "About Schmidt" (2002) und "Sideways" (2004) sein Interesse für gute Dialoge und introspektive Techniken, die es vermögen, anhand bestimmter Gestaltungen des Umfeldes, Nahaufnahmen und passgenauem Einsatz von Musik die Innenwelt des Hauptdarstellers sichtbar zu machen.

Man folgt gerne dieser spannenden und in einzelnen Momenten pausierenden und traurigen Geschichte. Die getragenen Gitarrenklänge zu hawaiianischen Versen klingen harmonisch, sie scheinen die Unausweichlichkeit des Schicksals zu akzeptieren. So wie es der Film letztendlich auch tut.  

Hilde Ottschofski / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: 20th Century Fox

 
Filmdaten 
 
The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten (The Descendants) 
 
USA 2011
Regie: Alexander Payne;
Darsteller: George Clooney (Matt King). Shailene Woodley (Alexandra King), Beau Bridges (Cousin Hugh), Robert Forster (Scott Thorsen), Judy Greer (Julie Speer), Matthew Lillard (Brian Speer), Nick Krause (Sid), Amara Miller (Scottie King), Mary Birdsong (Kai Mitchell), Rob Huebel (Mark Mitchell), Patricia Hastie (Elizabeth King), Michael Ontkean (Cousin Milo), Morgan Freeman (Erzähler im Original) u.a.;
Drehbuch: Alexander Payne, Nat Faxon und Jim Rash nach dem Roman von Kaui Hart Hemmings; Produktion: Jim Burke, Alexander Payne, Jim Taylor; Co-Produktion: George Parra; Kamera: Phedon Papamichael; Schnitt: Kevin Tent;

Länge: 114,48 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Twentieth Century Fox of Germany GmbH; deutscher Kinostart: 26. Januar 2012

Auszeichnungen:

Oscar 2012: Bestes adaptiertes Drehbuch

Golden Globes 2012: Bester Film in der Kategorie Drama, George Clooney Bester Darsteller in einem Drama



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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