13.02.2017
T2 Trainspotting
![]() Die Perspektive, die Regisseur Danny Boyle gewählt hat, um sich nochmals dem anzunähern, was ihm vor zwei Jahrzehnten überraschend Kult-Status bescherte, mag simpel erscheinen – funktioniert aber erstaunlich gut. Marks Blick auf das Edinburgh, in das er zurückkehrt, holt den Zuschauer genau dort ab, wo mancher mit Skepsis den Kinosaal betritt: T2 – kann das wirklich funktionieren, mehr als nur ein zweiter Aufguss jenes Films sein, der in einer Phase, in der eine Vielzahl popkultureller Einflüsse aus Cool Britannia immer neu überraschten, als cineastisches Highlight herausstach? Es kann. Die Hartnäckigkeit Boyles, was den Umgang mit dem Drehbuch betrifft – es basiert auf Irvine Welshs Roman "Porno", wurde aber mehrfach überarbeitet, so dass von der Vorlage nicht mehr viel übrig blieb – zahlt sich aus.
Die gealterten Protagonisten in "T2" hingegen haben nun eine Biographie, sind geprägt von ihren guten und schlechten Erfahrungen – und haben sich, zumindest teilweise, auf die Normen einer neuen Zeit eingelassen. Ohne Riesenfernseher ging es damals ausgesprochen gut. Ohne iPhone geht es mittlerweile nicht mehr. Mark (Ewan McGregor) hat sich zum Fitness-Freak entwickelt, dem bei aller Selbstoptimierung auf dem Laufband im Studio als Quittung aus seiner Drogen-Vergangenheit ein Herzinfarkt dazwischenfunkt. Der labile, träumerische Spud (Ewen Bremner) hat eine Weile auf dem Bau geschuftet, versucht, für seinen Sohn da zu sein – und hat doch nur an der Seite seines besten Freundes, dem Heroin, zuverlässig seinen Platz gefunden. Einen wackligen Platz, der keinerlei Halt bietet, wie in der allegorischen Szene deutlich wird, in der er sich – auf einem Stuhl sitzend mit Blick zum Zuschauer – vom Dach eines Hochhauses kippen lässt.
Während "Trainspotting" ein Aufschrei der Jugend war, ist "T2 Trainspotting" ein ironischer, raffinierter Kommentar über das Älterwerden. Ein Film, der mit seinem teils vertrauten, brillanten Soundtrack eine Sehnsucht nach Vergangenem vielleicht kurz heraufbeschwört, sie aber vor allem bricht und in ihre Einzelteile zerlegt. Der seinen Figuren Raum lässt, sich zu erkennen, sich selbst und andere zu belügen, von sich selbst enttäuscht zu sein – oder auch nicht –, dem Leben einen anderen Dreh zu geben – oder betrogen zu werden. Wer wir sind, bestimmt sich eben nur zum Teil aus dem, wer wir waren. Es ist auch vollkommen gleichwertig: wie wir damit umgehen. Und: wie andere mit uns umgehen. Jasmin Drescher /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Sony Pictures Releasing GmbH Filmdaten T2 Trainspotting (T2 Trainspotting) GB 2016 Regie: Danny Boyle; Darsteller: Ewan McGregor (Mark Renton), Ewen Bremner (Spud), Jonny Lee Miller (Sick Boy), Robert Carlyle (Francis Begbie), Kelly Macdonald (Diane), Shirley Henderson (Gail), James Cosmo (Mr. Renton), Anjela Nedyalkova (Nikki) u.a.; Drehbuch: John Hodge nach Irvine Welshs Romanen "Porno" und "Trainspotting"; Produzenten: Andrew Macdonald, Danny Boyle, Christian Colson, Bernard Bellew; Kamera: Anthony Dod Mantle; Musik: Rick Smith; Schnitt: Jon Harris; Länge: 117,14 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der Sony Pictures Releasing GmbH; deutscher Kinostart: 16. Februar 2017
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