08.08.2009
Der gute alte Journalismus

State of Play
- Stand der Dinge


State of Play - Stand der Dinge: Russell Crowe Wenn Journalisten an ihrem Beruf zweifeln, können sie sich "Die Unbestechlichen" ("All the President’s Men", 1976) anschauen: Dustin Hoffman als Carl Bernstein und Robert Redford als Bob Woodward bringen dort als wahrheitssuchende Journalisten den Lügner Nixon zu Fall – Watergate als Ruhmestat des Nachkriegsjournalismus. Doch liegt das bald 40 Jahre zurück. Nun ist ein neuer Politthriller angelaufen, in dem zwei Journalisten die Wahrheit ans Licht bringen. Hat "State of Play - Stand der Dinge" das Zeug zu einem neuen Journalistentrost?

Cal McAffrey (Russell Crowe) ist old school. Ob sein alter Saab, sein uralter PC oder seine nachlässige Erscheinung, die frappant an den Dude aus "The Big Lebowski" erinnert – nicht viel deutet darauf hin, dass er der Top-Journalist seiner Zeitung The Washington Globe ist, ja eine Legende. Über einen Serienmord und den dubiosen Unfall der Sekretärin des Kongressabgeordneten Stephen Collins (Ben Affleck), der auch noch ein alter Freund von ihm ist, gerät McAffrey in eine weit verzweigte Verschwörung, deren Auflösung überraschend, aber nicht unbedingt plausibel ausfällt.

State of Play - Stand der Dinge: FilmplakatWas "State of Play" von anderen gut gemachten Politthrillern unterscheidet, ist das Journalisten-Milieu, in dem er angesiedelt ist. Und hier fängt der Film, der das Destillat einer gleichnamigen TV-Serie auf BBC 1 ist, erst an, so richtig interessant zu werden.

Denn anders als Bernstein und Woodward schreibt McAffrey nicht mehr in Zeiten stabiler Leserzahlen, steigender Anzeigenerlöse und dem Journalismus als vierter Macht im Staate. McAffreys Washington Globe erinnert nicht nur dem Namen nach an die Washington Post, deren Journalisten die Watergate-Affäre aufgedeckt haben. Mit ihr und anderen realen Zeitungen teilt sie die Geldnöte der Branche und die Investoren, die zuerst Rendite und nicht Qualität verlangen. Diesen Druck überträgt Chefredakteurin Cameron Lynne – wunderbar bärbeißig: Helen Mirren – auf McAffrey, der allein an seine Story denkt.

Aber auch von anderer Stelle erfährt der Journalismus heute Druck: die Blogosphäre. Gerade in den USA haben einige Blogs eine Leserschaft, die manche Lokalpostille vor Neid erblassen lassen würde. Dies kommt in McAffreys ungleichem Sidekick Della Frye (Rachel McAdams) zum Ausdruck. Die junge Bloggerin bedient die Online-Leserschaft des Washington Globe und macht sogar Gewinn. Dumm nur, dass sie vor allem Meinungen statt Fakten produziert und sich damit McAffreys Häme einhandelt.

State of Play - Stand der Dinge: Ben Affleck, Russell CroweKein schöner Land für Journalisten, könnte man also denken. Doch hier fällt das Drehbuch zu "State of Play" ebenso idealistisch wie seinerzeit "Die Unbestechlichen" aus. Am Ende des Films, wenn alle Gefahren und Gewissenskonflikte kumuliert sind und nachdem sich der Wahrheitssucher selbst kompromittiert hat, gibt es doch den magischen Moment: Wort für Wort tippt McAffrey seine Story, seine Enthüllungsstory und verkündet die Wahrheit, während die Redaktion ehrfürchtig zuschaut. Und spätestens hier werden deprimierte Journalisten wieder wacker und wissen’s: Es gibt ihn noch, den guten alten Journalismus.  

Thomas Hajduk  / Wertung:  * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Universal

 
Filmdaten 
 
State of Play - Stand der Dinge (State of Play) 
 
USA 2009
Regie: Kevin Macdonald;
Darsteller: Russell Crowe (Cal McAffrey), Ben Affleck (Stephen Collins), Rachel McAdams (Della Frye), Robin Wright Penn (Anne Collins), Helen Mirren (Cameron Lynne), Jason Bateman (Dominic Foy), Jeff Daniels (George Fergus), Michael Berresse (Robert Bingham), Harry Lennix (Donald Bell), Viola Davis (Dr. Judith Franklin), Barry Shabaka Henley (Gene Stavitz), David Harbour u.a.; Drehbuch: Matthew Michael Carnahan, Tony Gilroy, Billy Ray; Produktion: Tim Bevan, Eric Fellner, Andrew Hauptman; Ausführende Produktion: Paul Abbott, Liza Chasin, Debra Hayward, E. Bennett Walsh; Co-Produktion: Eric Hayes; Kamera: Rodrigo Prieto; Musik: Alex Heffes; Länge: 127 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Universal; deutscher Kinostart: 18. Juni 2009



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<18.06.2009>


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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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