13.12.2009 (publiziert)
17.08.2008 (geschrieben)

Romy und Michele

In David Mirkins nostalgischer Komödie begeben sich Mira Sorvino und Lisa Kudrow auf eine stilistische Zeitreise in die herrlich skurrile Pop-Welt der achtziger Jahre.

Schon auf der Highschool waren Romy (Mira Sorvino) und Michele (Lisa Kudrow) die besten Freundinnen. Damals träumten sie wie alle anderen Mitschüler auch von der großen Karriere, von Reichtum, Anerkennung und der einzig wahren Liebe. Das war damals, in der grell-bunten Popwelt der achtziger Jahre, als Cyndi Lauper "Time after Time" sang und Julia Roberts als "Pretty Woman" Millionen von Frauen von ihren Märchenprinzen träumen ließ. Zehn lange Jahre sind inzwischen vergangen und noch immer warten Romy und Michele auf die Erfüllung ihrer Wünsche. Seitdem sie damals ihren Schulabschluss machten und in eine gemeinsame WG nach Los Angeles zogen, hat es das Schicksal nicht besonders gut mit ihnen gemeint: Während Romy ihre Tage als Rezeptionistin bei einer großen Auto-Firma verbringt, hat sich Michele mit ihrem verrückt-egozentrischen Benehmen einmal mehr in die Arbeitslosigkeit hinein manövriert. Eine schicksalhafte Wendung erhält das Leben der beiden, als Romy eines Tages vom geplanten Klassentreffen ihres Schuljahrgangs erfährt – für die einst als "Freaks" verschrieenen Freundinnen die Gelegenheit, ihr Image gründlich aufzupolieren. In einer Anwandlung kreativen Wahnwitzes geben sich die beiden als zwischenzeitliche Erfinderinnen der legendären "Post it"-Klebezettel aus und sorgen damit kurzzeitig auch tatsächlich für Erstaunen. Als ihre Tarnung dann aber auffliegt geraten die Dinge zunehmend außer Kontrolle – und nach und nach dämmert es Romy und Michele, dass ihr Leben gar nicht so langweilig ist, wie es die beiden zunächst dachten. In einem herzerwärmenden Finale ergreifen die einstigen Sonderlinge die Initiative und folgen somit einmal mehr der ur-amerikanischen Überzeugung, dass man alles schaffen kann, wenn man nur die größte aller Erfolgshürden überwindet: mangelndes Vertrauen in die eigene Stärke.

David Mirkins Regiedebüt "Romy und Michele" ist eine klassische Coming-of-Age-Geschichte, ein quietschfideles Portrait zweier Frauen, die ihren Platz im Leben suchen und dabei nicht wissen, dass ihr Glück bereits direkt hinter der nächsten Ecke wartet.
Mit sichtlicher Hingabe und jeder Menge Humor spielen sich Oscar-Preisträgerin Mira Sorvino ("Geliebte Aphrodite") und Lisa Kudrow ("Friends") auf unwiderstehliche Art und Weise in die Herzen der Zuschauer. Ihre Figuren sind von einer so erfrischend-humorigen Künstlichkeit, dass sie in ihrer ausschließlichen Selbstbezogenheit die Lacher auf ihrer Seite haben.

Dennoch liegt Mirkins Komödie bei aller überdrehten Exaltiertheit auch ein wahrer emotionaler Kern zugrunde. Mit beißender Satire und einer großen Portion Wahrheit zeigt der Film, wie stark die Erlebnisse in der Jugendzeit das spätere Leben mitunter prägen können – und wie lang man nicht selten unter einst erlittenen Demütigungen leidet. Dass gerade ein Film, der zum größten Teil als Typenparodie funktioniert, in diesem Punkt durch große emotionale Scharfsichtigkeit besticht, hebt "Romy und Michele" ein ganzes Stück weit aus der Masse vergleichbarer Produktionen heraus. Dies allerdings ist nicht sein einziges Plus: Hinzu kommt ein herrlich wehmütiger Soundtrack, der die Sehnsucht nach den traumhaft-schrägen Pop-Welten der achtziger Jahre schier übermächtig werden lässt. Einige dramaturgische Längen fallen demgegenüber kaum ins Gewicht.

Die Charaktere von Romy und Michele tauchen erstmals im Theaterstück "Ladies' Room" auf, das seine Premiere Ende der achtziger Jahre in Los Angeles feierte. Inspiriert von den klischeebeladenen Unterhaltungen in typisch kalifornischen Single-Clubs ließ Autorin Robin Schiff das Geschehen ausschließlich in einem Damen-Waschraum einer Aufreißerbar spielen, in der auch Romy und Michele als komische Nebenfiguren einkehren.

Unter den zahlreichen Zuschauern des Stücks befanden sich auch zwei Produzentinnen aus dem Hause Disney, die Schiff den Vorschlag unterbreiteten, eine Hintergrundgeschichte um die beiden Frauen zu kreieren und sie als Heldinnen eines eigenen Films auftreten zu lassen. Mit Regisseur David Mirkin betraute man einen wahren Komödienspezialisten (u.a. Autor für "Die Simpsons" und die "Tracy Ullman Show") mit der Umsetzung des Stoffes für die Leinwand.  

Christian Heger / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Romy und Michele
(Romy and Michele's High School Reunion)

USA 1997
Regie: David Mirkin; Drehbuch: Robin Schiff nach ihrem eigenen Theaterstück; Produktion: Laurence Mark; Co-Produktion: Richard Luke Rothschild; Ausführende Produktion: Barry Kemp, Robin Schiff; Kamera: Reynaldo Villalobos; Musik: Steve Bartek, James Newton Howard;
Darsteller: Mira Sorvino (Romy White), Lisa Kudrow (Michele Weinberger), Janeane Garofalo (Heather Mooney), Alan Cumming (Sandy Frink), Julia Campbell (Christy Masters), Mia Cottet (Cheryl), Kristin Bauer (Kelly), Elaine Hendrix (Lisa Luder), Vincent Ventresca (Billy), Camryn Manheim (Toby Walters), Justin Theroux (Cowboy), Jacob Vargas (Ramon) u.a.

Länge: 92 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; deutscher Kinostart: 14. August 1997



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