13.12.2013
Eine Spur Menschlichkeit

Nebraska


Nebraska Lincoln ist die Hauptstadt des US-Staates Nebraska, und da will Woody hin. Im festen Glauben, dass da eine Million Dollar nur darauf warten, von ihm abgeholt zu werden. Allein der jüngere Sohn David gibt dem Irrglauben des knorrigen und verwirrten Vaters nach, und chauffiert ihn von Billings, Montana über 900 Meilen bis zu seinem Gewinn. Letzterer fällt jedoch anders aus als erwartet. Und vielleicht sogar besser.
Bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen von Cannes wurde der Hauptdarsteller Bruce Dern zum Besten Darsteller gekürt.

Weit ist die Prärie im fast baumlosen Nebraska, wo der hoffnungslose Säufer und grantige Vater Woody Grant aufgewachsen ist. In seiner altersbedingten Verwirrung ist er einem Werbeslogan aufgesessen, und als weder die ewig nörgelnde Xanthippe – seine Ehefrau – noch der ältere Sohn Ross dem Brummbär eine Chance geben, ergreift der jüngere unscheinbare und sonst entscheidungsunfähige David die Chance, seinen Vater besser kennenzulernen. Er packt etwas Gepäck und den starrsinnigen Vater ins Auto und macht sich auf den Weg. Das Abenteuer der beiden Reisenden führt sie scheinbar beiläufig durch das weite Land, vorbei am Mount Rushmore (den der Vater als "unfertig" einstuft), hinein in die persönliche Geschichte und die Familiengeschichte Woodys.

Nebraska Mit wenigen Worten und treffsicheren, ruhigen – übrigens schwarz-weißen – Kamera-Aufnahmen eröffnen sich David und dem Zuschauer Stück für Stück ganz andere liebenswertere Eigenschaften des Vaters. Ohne pathetisch zu werden und ohne viel Gewese scheint das Roadmovie fast dokumentarisch aufzuzeichnen, nimmt aber dabei wie zufällig, wie in einem Familienalbum einzelne Szenen samt dem bedeutungsschweren Hintergrund mit auf, so dass David – und der Zuschauer mit ihm – die ganze Lebenshistorie Woodys selbst erarbeitet und rekonstruiert. Widrige Lebensumstände, ignorante, faule und habgierige Mitmenschen konnten Woody zwar die Liebenswürdigkeit nehmen, aber nicht die Güte, die er gut versteckt im Kern trägt. Wie ironisch klingt es, als David auf seine Bemerkung "Er ist jemand, der glaubt, was ihm gesagt wird" die Antwort erhält "Das ist aber wirklich schade!"

Nebraska Der Film erinnert an die beunruhigende Atmosphäre der Verlassenheit in "About Schmidt" und lässt manchmal die Wehmut von "The Descendants" aufkommen. Alexander Payne, der für alle diese Filme verantwortlich zeichnet, interessiert sich für die komplexen Beziehungen innerhalb von Familien, und lässt die Sehnsüchte und Motivationen der einzelnen gut durchschimmern, so dass auch für die Schwierigeren unter ihnen am Ende viel Verständnis aufgebracht werden kann. Immer spielen auch die soziale Atmosphäre, der (familien)geschichtliche Hintergrund und die Geografie eine bedeutsame Rolle.

Die Ehrlichkeit und kurze Angebundenheit gibt dem Film etwas Subtiles und Direktes, ohne auf gelegentliche Ironie oder gar Slapstick zu verzichten, so dass man sich als Zuschauer durch die leisen Töne mitgenommen fühlt, ein Lächeln in einer Mundecke, aber auch viel Nachdenklichkeit mitnimmt.  

Hilde Ottschofski / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

 
Filmdaten 
 
Nebraska (Nebraska) 
 
USA 2013
Regie: Alexander Payne;
Darsteller: Bruce Dern (Woody Grant), Will Forte (David Grant), Stacy Keach (Ed Pegram), June Squibb (Kate Grant), Bob Odenkirk (Ross Grant), Rance Howard (Onkel Ray) u.a.;
Drehbuch: Bob Nelson; Produzenten: Albert Berger, Ron Yerxa; Kamera: Phedon Papamichael; Musik: Mark Orton; Schnitt: Kevin Tent;

Länge: 115,12 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; ein Film im Verleih der Paramount Pictures Germany GmbH; deutscher Kinostart: 16. Januar 2014



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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