29.12.2017

Männer im Wasser

Als Fredrik (Jonas Inde) und seine Kumpels – allesamt mittendrin in der Midlife Crisis – zum wöchentlichen Hockey-Training in der dafür angemieteten Sporthalle auflaufen, erleben sie eine böse Überraschung: Anstelle der alternden Männer soll hier nun eine Gruppe junger Frauen Hockey spielen. Ein spontanes Duell um das Hallenvorrecht entscheiden die weiblichen Eindringlinge klar für sich – das auch noch! Als würde das Schicksal Fredrik nicht schon hart genug in die Mangel nehmen: Seine Ehe ist im Eimer, das Verhältnis zur 16-jährigen Tochter problembehaftet und noch dazu hat er seinen Job als Sportredakteur verloren. Doch so schnell gibt ein Mann im besten Alter nicht auf. Aus einem Spaß bei einem Junggesellenabschied entwickelt Fredrik die Idee, seine Jungs bei der ersten männlichen Synchronschwimm-Weltmeisterschaft seit hundert Jahren an den Start zu bringen.

Aber auch dieser Plan kann nicht reibungslos in die Tat umgesetzt werden. Die Bedenken der Kumpels und der Stockholmer Schwimmverband behindern den Weg des Amateur-Teams, der für männliche Synchronschwimmer kein Trainingsbecken zur Verfügung stellen will. Es ist schließlich der Einsatz von Fredriks Tochter Sara (Amanda Davin), die für ein paar Wochen zwangsweise bei ihrem Vater wohnen muss, der den Männern doch noch eine Chance auf die Realisierung ihres kuriosen Traums gibt. Die junge Frau, selbst Mitglied eines erfolgreichen Synchronschwimm-Vereins, findet eine Schwimmhalle, in der die Männer parallel zu einem Taucherlehrgang trainieren können – und bietet sich als Trainerin an.

Der schwedische Regisseur Måns Herngren interessiert sich nicht nur für die sportlichen Erfolge, Rückschläge und Zweifel der Männer, sondern auch für deren Privatprobleme. Im Zentrum steht die Beziehung zwischen Fredrik und Sara, die anfänglich von gegenseitigem Unverständnis geprägt ist. Da beide nun ein gemeinsames Ziel verfolgen und die Höhen und Tiefen auf dem Weg dorthin gemeinsam durchleben, entwickelt sich eine ganz neue, tiefere Bindung zwischen Vater und Tochter. Die Probleme von Fredriks Kumpels werden mehr am Rand verhandelt und hängen stark mit der Midlife Crisis zusammen: Eintönigkeit im Eheleben, der Kampf mit dem Bauchansatz oder die Angst vor dem Verlust der Männlichkeit spielen hier eine Rolle. Sein tragikomisches Potenzial bezieht "Männer im Wasser", der in seiner Anlage stark an "Ganz oder gar nicht" (1997) von Peter Cattaneo erinnert, ohne jede Bloßstellung aus den Unsicherheiten, Fehltritten und skurrilen Eigenarten der Männer, wobei Måns Herngren auf die charismatischen und gut besetzten Darsteller bauen kann. So wie Synchronschwimmen nur im Team funktioniert, ist auch "Männer im Wasser" ein Ensemblefilm.

Die Inszenierung lässt den Darstellern genügend Raum. Ohne Schnörkel, große Sensationen und forcierte Anteilnahme erzählt Måns Herngren seine Geschichte. Die unaufdringliche Gitarrenmusik von "The Soundtrack of our Lives", die klar konzipierten Bilder und die zweckdienlich unauffällige Montage formen "Männer im Wasser" zur einer kleinen, stillen Komödie, die sich viel Zeit zur Charakterisierung nimmt. Sonderlich tiefgründig ist "Männer im Wasser" dabei nicht, dafür aber ein humorvolles und warmherziges Stück Unterhaltungskino ohne Klamauk und abgegriffene Standards.

Im letzten Akt aber, als die Männer zur Meisterschaft nach Berlin reisen, verliert Herngren ein wenig das rechte Maß. Die Vater-Tochter-Beziehung rückt zu einem Zeitpunkt in den Vordergrund, an dem man lieber bei den sympathisch alternden Männern verweilt wäre, deren Chancen auf einen Triumph gar nicht so schlecht stehen. Der so elegante wie überraschende Schlusspunkt besinnt sich jedoch wieder auf den Teamgedanken.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Männer im Wasser
(Allt flyter)

Schweden/Deutschland 2008
Regie: Måns Herngren;
Darsteller: Jonas Inde (Fredrik), Amanda Davin (Sara), Peter Gardiner (Victor), Benny Haag (Peter), Jimmy Lindström (Larry), Shebly Niavarani (Börje), Ossi Niskala (Jarmo), Henrik Svalander (Bobo), Andreas Rothlin Svensson (Charles), Kalle Westerdahl (Markus), Dietrich Hollinderbäumer (Volker), Paula McManus (Lotta), Ia Langhammer (Lillemor), Jan Henrik Stahlberg (Karl) u.a.;
Drehbuch: Måns Herngren, Jane Magnusson; Produzentin: Rebecka Hamberger Hulthén; Kamera: Henrik Stenberg; Musik: Ebbot Lundberg; Schnitt: Fredrik Morheden;

Länge: 102 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 19. August 2010



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