06.11.2011
Absurde und sinnlose Komödie über das amerikanische Militär

Männer, die auf Ziegen starren


Wenn ein amerikanischer Offizier über seiner Uniform einen langen geflochtenen Zopf hängen hat, den Soldaten Blumen verteilt und behauptet, dass Kriege ohne Gewalt geführt werden können, dann darf man ruhig staunen. Sich selbst bezeichnen sie als "Jedi", die Mitglieder einer experimentellen Gruppe, die mit paranormalen und esoterischen Praktiken eine alternative Kriegsführung einüben. Lächerlich klingt es, ist es vielleicht auch – aber kann man da auch lachen?

Bob Wilton ist Reporter in einer Kleinstadt. Diese Mitteilung ist mitunter das Einzige, was noch als Tatsache in diesem Film gelten kann – denn alles, was danach kommt, ist nur noch ein großes Fragezeichen. Wilton erfährt von einer Projektgruppe der US-Army, die sich Mitte der Achtziger paranormale, esoterische und Love-Peace-Hippie-Praktiken zu kriegerischen, aber physisch nicht-aggressiven Kriegsbewältigungszwecken aneignen. Der geltungsbedürftige Wilton heftet sich einem gealterten "reaktivierten" "Jedi" (wie sich die Beteiligten nennen) namens Lyn Cassady (George Clooney) an die Sohlen, und zwar bis in die irakische Wüste. Es beginnt eine Art Roadmovie mit ungewollten Unterbrechungen. Bei seiner Übung der "Wolkendispersion" (Wolkenstreuen durch Anstarren) fährt Cassady das Auto gegen einen Felsen. Sie werden von Entführern geschnappt, aber dank der übersinnlichen Kräfte von Cassady (die heißen könnten "Wirf Dich mit Geschrei auf den Feind"), gelingt die Flucht. Es gibt lächerliche, absurde Situationen, die zwar gekonnt gespielt sind, aber einer offensichtlichen Sinnlosigkeit nicht entrinnen können.

Die Geschichte ist so absonderlich, dass sie nur wahr sein kann: First Earth Battallion hieß die real existierende Militär-Geheimtruppe, über die der Journalist Jon Ronson ein Buch schrieb, das als Vorlage für den Film diente. Aber einzig die Existenz einer Gruppe von Männern, die sich an Praktiken wie Remote Viewing (Wahrnehmung von Handlungen an entfernten Orten), Durch-die-Wände-Gehen, Anbetung der Morgensonne und der Erde, Yoga oder Versetzen in neue Bewusstseinszustände, auch mithilfe von Drogen, versuchen – macht keine Komödie aus. Die Satire besteht einzig und allein aus der Tatsache, dass das amerikanische Militär überhaupt über Jahre hinweg so etwas finanzieren konnte. Und die Naivität, mit der sich die Beteiligten an ihrem Irrglauben festhalten. Das erinnert an die viel propagierte Psychologie des positiven Denkens und die Aussendung von Wünschen an das Universum. Manchmal kann eben Glauben auch Berge versetzen, wenn er nur stark genug ist.

In zwei Filmen der Coen-Brüder spielte Clooney bereits absurde Rollen, die sich aber dank des Talents der Regisseure ins visuelle Gedächtnis der Zuschauer einschleichen. "O Brother Where Art Thou" (2000) und "Burn After Reading – Wer verbrennt sich hier die Finger?" (2008) zeichnen sich auch durch die Mischung von Übersinnlichkeit und absurder dümmlicher Gutgläubigkeit aus. Bei "Männer, die auf Ziegen starren" führte Schauspielerkollege Grant Heslov Regie, wo visuell keine Coenschen Wagnisse künstlerischer Art vorgenommen werden.

Die hochrangige Besetzung rettet den Film auch nicht. Die Militär-Version des "Big Lebowski" Jeff Bridges und der Fiesling vom Dienst Kevin Spacey (die – im übertragenen Sinne – das Gute und das Böse darstellen) tragen Einzelsiege davon, natürlich wird am Ende in einer (un)freiwilligen LSD-Orgie das Böse abgeschüttelt, gequälte gefangene Iraker und die als Versuchstiere gefolterten Ziegen werden befreit, alles ist wieder gut. Star-Wars-Darsteller Ewan McGregor hat diesmal dennoch keine Ahnung von Jedis. Aber das ist noch nicht einmal einen müden Lacher wert.

Man fragt sich, warum sich so viele Talente Hollywoods zusammensetzen, so viel Energie einbringen, um einen nichtssagenden Film zu produzieren.  

Hilde Ottschofski / Wertung: * (1 von 5) 
 

 

 
Filmdaten 
 
Männer, die auf Ziegen starren (The Men Who Stare at Goats) 
 
USA / GB 2009
Regie: Grant Heslov;
Darsteller: George Clooney (Lyn Cassady), Ewan McGregor (Bob Wilton), Jeff Bridges (Bill Django), Kevin Spacey (Larry Hooper), Stephen Lang (General Dean Hopgood), Robert Patrick (Todd Nixon), Nick Offerman (Scotty Mercer) u.a.;
Drehbuch: Peter Straughan nach dem Sachbuch von Jon Ronson; Produktion: George Clooney, Grant Heslov, Paul Lister; Kamera: Robert Elswit; Musik: Rolfe Kent; Schnitt: Tatiana S. Riegel;

Länge: 93 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Kinowelt GmbH; deutscher Kinostart: 4. März 2010



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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