05.01.2024

Der Freund und Nebenbuhler

Männer...

Die 1985 zunächst als Fernsehfilm konzipierte Komödie "Männer..." bedeutete einen Karriereschub für ihre Regisseurin Doris Dörrie und die Hauptdarsteller Heiner Lauterbach, Uwe Ochsenknecht und Ulrike Kriener. Der Film wird als Komödie tituliert, aber das wäre zu viel gesagt, es gibt nicht viel zu lachen. Der Film ist vielmehr eine sehr kluge Beziehungsstudie. Mit Herbert Grönemeyers gleichnamigem Lied aus dem Jahr zuvor hat der Film auf den ersten Blick nichts zu tun. Aber beide stehen in Zusammenhang, beide sezieren treffend das vermeintlich starke Geschlecht. Wann ist ein Mann ein Mann?
Gut, dass die Kinder auf Schulausflug gehen. Eines Morgens - es ist ihr Hochzeitstag - stellt Julius (Heiner Lauterbach) fest, dass seine Frau Paula (Ulrike Kriener) ihn betrügt. Er, in der Hinsicht selbst kein Kind von Traurigkeit, zieht spontan aus. Im Hotel bleibt er nicht lange, denn der von ihm beobachtete Liebhaber seiner Frau, Stefan (Uwe Ochsenknecht), sucht einen WG-Bewohner. Inkognito übernimmt Julius den Platz. Das wichtigste Paar des Films? Die beiden Hetero-Männer, die alles durchlaufen, was ein Paar erleben kann.

Sie lernen sich in einer von Punkern besuchten Kneipe kennen. Julius gehört da nicht hin, ersichtlich nicht, er ist wohlhabend. Aber er ist Stefan dahin gefolgt. Bald ist er seine Armbanduhr los, er gibt sie freiwillig an eine Punkerin ab. Um zu demonstrieren: Ich will in die WG. Julius gibt sich als Daniel aus. Er sagt Stefan, dass er Eheprobleme hat. Der erkennt den Zusammenhang nicht, Julius zieht in die WG. "Liebe auf den ersten Blick" nennt es Julius alias Daniel gegenüber Lothar (der junge Dietmar Bär), und damit gibt Autorinfilmerin Doris Dörrie preis, was sie mit dem Film vorhat: Die beiden Herren, so unterschiedlich sie auch sein mögen, mögen sich. Ziehen sich regelrecht an - in Freundschaft. Bald philosophieren sie über Frauen, über Geld, über beides im Zusammenhang, werfen sich Dinge an den Kopf - "Deine Wahrheit ist dein teurer Anzug und deine Kreditkarte". Denn Stefan kann finanziell nicht mithalten, er lebt vor sich hin. Das nutzt Julius aus, er wird bald seinen Freund und Nebenbuhler ummodeln, zu einer Person wie er sie selbst ist, umformen. Mit dem Ziel: Dann hat Stefan keine Zeit für Paula mehr.

Es gibt eine schön anzusehende Szene - Julius muss eine Affenmaske und Boxhandschuhe überstülpen, weil spontan Paula Stefan besucht - und eine unsäglich dumme Szene, die den Film qualitativ herunterreißt: Julius bereitet ein Messer vor aus dummen Gedanken. Er wird sich versehentlich ins eigene Bein schneiden.

Die Freundschaft lebe trotzdem hoch, das ist Dörries Intention. Prinzipiell müsste Stefan "Daniel" vor die Tür setzen, verprügelt dieser ihn doch mal gleich zu Beginn beim Joggen auf der Theresienwiese Münchens. Doch Stefan ist ein Männerversteher, Daniel macht halt eine Krise durch, und Freunde halten zusammen. Wenn er wüsste...

Die Philosophie des Films ist interessant, die Männer-Studie überzeugt, die Machart von "Männer..." ist simpel und doch in ihrer Simplizität packend - das Einfache kann manchmal am Geradlinigsten einen gelungenen Film erzeugen. Zum absoluten Filmklassiker reicht es nicht, aber das Filmpublikum kann aus dem Film Erkenntnisse mitnehmen. Was singt noch Herbert Grönemeyer? "Männer sind furchtbar schlau" und "Männer weinen heimlich / Männer brauchen viel Zärtlichkeit".

Mit ihrem Film will Doris Dörrie das Leben feiern - und feiert es -, wie man an einer Szene auf dem Münchner Stachus sehen kann: Stefan läuft glücklich durch die überlebensgroßen Brunnenfontänen. Und Doris Dörrie durfte mit ihrem Film feiern.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Männer...


BRD 1985
Regie & Drehbuch: Doris Dörrie;
Darsteller: Heiner Lauterbach (Julius Armbrust), Uwe Ochsenknecht (Stefan Lachner), Ulrike Kriener (Paula Armbrust), Janna Marangosoff (Angelika), Dietmar Bär (Lothar), Marie-Charlott Schüler (Marita Strass), Edith Volkmann (Frau Lennart), Monika Schwarz (Frau in der Bar) u.a.;
Produzenten: Denyse Noever, Helmut Rasp, Elvira Senft; Kamera: Helge Weindler; Musik: Claus Bantzer; Schnitt: Raimund Barthelmes;

Länge: 95 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; westdeutscher Kinostart: 19. Dezember 1985



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"Was soll das denn sein - wo du doch Schauspieler sein kannst? Da will man doch nicht Arzt werden!"

Die Reaktion der schauspielernden Eltern von Michael Verhoeven (13. Juli 1938 - 22. April 2024) auf seinen Wunsch, Medizin zu studieren - er wurde Regisseur ("o.k.", "Die weiße Rose"), Schauspieler ("Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Der Pauker") und Arzt

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