17.12.2013
Sinnliches Erwachen

Lunchbox


Lunchbox: Nimrat Kaur Die Sinnlichkeit mit Liebe zubereiteten Essens weckt zwei Menschen aus der Starre ihres eingefahrenen Alltagslebens. Durch eine ungewöhnliche Art der Kommunikation entsteht ein fragiles Band der Freundschaft und Zuneigung, das der Härte und Unwägbarkeit der Realität ausgesetzt ist. Ein liebenswerter Film des Regisseurs, Co-Drehbuchautors und Produzenten Ritesh Batra über die kleinen Gesten des Lebens und über die besondere Art des Zuhörens. Seit 14 Jahren der erste indische Film, der dieses Jahr in Cannes den Publikumspreis "Grand Rail D'Or" der "Semaine de la critique" erhielt.

Als der Zufall sie unbekannterweise zusammenführt, sind sowohl Hausfrau und junge Mutter Ila als auch der kurz vor der Pensionierung stehende Saajan, beide in der Metropole Mumbai zuhause, müde von ihrem Leben. Ila ist gerade dabei, ihren entfremdeten Mann mit Hilfe besonderer Kochkünste wieder für sich zu gewinnen. Aber selbst wenn das undurchschaubare Liefersystem der "Dabbawalas", einer Horde von Mitarbeitern, die per Fahrrad, Zug und zu Fuß das frisch zubereitete Essen der Hausfrauen täglich ins Büro ihrer Ehemänner liefern, angeblich perfekt ist, so sind sie auch fehlbar. So gelangt Ilas Essen zum falschen – oder sogar richtigeren – Empfänger.

Lunchbox: Irrfan Khan Saajan, gekonnt mit kleinen sehr witzigen und melancholischen Gesten dargestellt von Irrfan Khan, ist ein noch attraktiver aber vom eigenen Alter erschrockener Büroangestellter für Schadensersatzfragen. Sein Witwerdasein und 35 Dienstjahre führten zu einem mechanisch ablaufenden Rhythmus der Tage, aus dem ihn Ilas Essen zu neuem Leben erweckt. Sowohl Ila als auch Saajan tut eine daraus entstehende und mit optischem Einfallsreichtum dargestellte Korrespondenz gut. Die zarte Hand des Drehbuchautors versteckt kleine Gesten der Gleichzeitigkeit – das aneinandergeschnittene sekundenkurze Wegwedeln einer lästigen Fliege bei beiden Figuren, das filmtechnisch aneinandergereihte Blicken beider Figuren auf den gleichen Gegenstand – so dass eine Poesie entsteht, der man sich gerne als Zuschauer hingibt.

Erfrischend neu für den Film ist eine Figur, die nur aus einer Stimme und einem Korb besteht – die redundante Nebenfigur der "Auntie", einer Nachbarin Ilas, deren Existenz das Geheimnisumwobene des Films verstärkt.

Lunchbox: Nimrat Kaur Nicht nur der Appetit des Zuschauers wird angeregt, wenn Ila beim Zubereiten würziger Speisen gezeigt wird, fast wie nebenbei wird das nach unsichtbaren Regeln funktionierende Chaos der bunten und erbarmungslosen Metropole aufgezeigt. Das Gewimmel auf den Straßen, das Geschiebe in den Bahnen, wie man mit der physischen Gedrängtheit täglich zurechtkommen muss, die Armut der Straßenkinder, die Tragik einzelner Schicksale, und wie sie mit etwas Glück und Menschlichkeit überwunden werden können – das alles findet in dem verbal sparsamen Film Platz. Die Suche nach dem Glück und die Hürden, die ihr im Wege liegen, der Tod, das Altern und die Auflehnung dagegen schaffen einen Wechsel zwischen Witz und Traurigkeit, der den Zuschauer für sich gewinnt.

Die indisch-französisch-deutsche Koproduktion tat dem Film offensichtlich gut, denn aus dieser einfachen typisch indischen Geschichte kann jeder Zuschauer auf der Welt etwas für sich mitnehmen.  

Hilde Ottschofski / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: AKFPL, NFP marketing & distribution

 
Filmdaten 
 
Lunchbox (Dabba / The Lunchbox) 
 
Indien / Frankreich / Deutschland 2013
Regie: Ritesh Batra;
Darsteller: Irrfan Khan (Saajan Fernandes), Nimrat Kaur (Ila), Nawazuddin Siddiqui (Shaikh), Denzil Smith (Mr. Shroff), Bharati Achrekar (Mrs. Deshpande), Nakul Vaid (Rajeev), Yashvi Puneet Nagar (Yavshi), Lillete Dubey (Ilas Mutter) u.a.;
Drehbuch: Ritesh Batra, Rutvik Oza; Produktion: Sikhya Entertainment, DAR Motion Pictures, National Film Development Corporation of India (NFDC) in Koproduktion mit Asap Films, Rohfilm, und Cine Mosaic; Kamera: Michael Simmonds; Musik: Max Richter; Schnitt: John F. Lyons;

Länge: 105 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der NFP marketing & distribution GmbH; deutscher Kinostart: 21. November 2013



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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