07.03.2013
Sturzflug ins Glück

Liebe und andere Turbulenzen


Liebe und andere Turbulenzen "Das Leben ist nur eine Reihe von Unfällen", erkennt in Nora Tschirners liebeskomödiantischem Kinovehikel ihr Filmfreund Paolo. "Mehr ist da nicht." Was den Paarklamauk angeht hat der Pariser Touristenbusfahrer (Vincenzo Amato) damit leider Recht. Da ist keine Romantik, kein Humor, keine Schauspielerchemie, keine Logik. Da ist nicht mal ein einziger sinniger Dialog oder Plot. Nur eine Reihe von Unfällen, deren erste und angesichts der kinematischen Konsequenzen fatalste die Idee zu der holprigen Beziehungsposse ist. "Ich ging in der Nähe meiner Pariser Wohnung durch die Straßen, als eine schöne Frau an mir vorbei radelte", erinnert sich Jeremy Leven: "Sofort sagte ich mir: Das ist ein Film!"

Leider ist es das, sofern 100-minütiges Chargieren und Aufsagen bedeutungsfreier Zeilen vor laufender Kamera die Bezeichnung verdient. Aus Sicht der Produzent Quirin Berg & Max Wiedemann tat das die dürftige Grundstory, die beide "wunderbar" fanden. "Wir haben dann zusammen das Drehbuch entwickelt", berichtet Wiedemann, der auf den inspirierenden Effekt der Fahrradfahrerin auf seinen Drehbuchautor vertraute. "Ich wusste in diesem Moment ganz genau, worum es geht", erinnert sich Leven: "Ein Typ hat seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht, als eine andere schöne Frau an ihm vorbeifährt und er fortan ständig an sie denken muss." Der Typ ist Paolo, seine Freundin ist Stewardess Greta (Nora Tschirner), die andere Frau ist Cécile (Louise Monot). Mit der alleinstehenden Mutter zweier Kinder treten "Liebe und andere Turbulenzen" in das Leben des verkrampften Paolo und die vorhersehbaren Ereignisse in die Pedale. Den Zuschauer zerren sie so hartnäckig mit auf den Herzweg wie einst Leven: "Sehr deutlich hatte ich auch gleich vor Augen, wie die Titelsequenz des Films aussehen würde."

Liebe und andere Turbulenzen Was läge bei diesem Übermaß an Inspiration näher, als Leven auf den Regiestuhl zu setzen, auf dass so fesselnde Szenen entstünden wie diese: "Wir sehen eine schöne Frau auf einem Fahrrad durch Paris fahren, aber ihr Gesicht wird nie gezeigt." Dafür sieht man ihre enge Hose, später ein klitzekleines bisschen Brust und davor, danach und dazwischen eintönige Postkartenansichten von Paris. In der Stadt der Liebe herrscht Frühling und das dazugehörige Gefühlschaos, Arc de Triomphe, Louvre und Notre Dame sind wohin man sich wendet in Sichtweite und freizügige Französinnen werben wie Reklamemodell Cécile in Schaumbäder getaucht für Seife. Die flutscht ihr beim Dreh immer wieder aus der Hand, bis der Regisseur entnervt fragt: "Finden Sie das lustig?" Nein, antwortet Cécile während man einvernehmlich den Kopf schüttelt, doch Leven walzt derartige Plattheiten unbarmherzig zu Dauergags aus. Den restlichen Flachwitz liefern Nationalklischees. Briten wie Paolos Kumpel Derek (Paddy Considine) sind lässige Musiker, die Deutsche eine blonde Greta und Italiener Paolo Patriot mit Vorliebe für Pizza und Pasta.

Die kocht er für Céciles Kinder als Entschädigung für einen Verkehrsunfall. Der passiert natürlich bloß auf der Straße, doch Paolos fahrtechnischer Crash ist Folge und Strafe eines amourösen in Cécile. Das wittert Greta, was eines der probaten Vorurteile begründet: "Italiener sind die schlechtesten Schauspieler der Welt." Irrtum, das sind die Schauspieler in "Liebe und andere Turbulenzen", wie "Keinohrhasen"-"Männerherzen"-"Zweiohrküken"-Tschirner beweist, als sie ihrem Kollegen Francois (Stephane Debac) einen Weinkrampf vortäuscht: "Das war richtig gut, oder?" War es nicht, aber Francois bejaht, damit das Publikum Tschirner später ihr Heulen abkauft. Leven jedenfalls schien die künstlerische Professionalität geradezu wundersam: "Seltsamerweise gibt es kaum verpatzte Szenen, wie man sie heute gern im Abspann einfügt." Wie auch, flossen die verpatzten Szenen doch alle in den Film. Dass die zweite Regiearbeit Levens die letzte war, darf man kaum hoffen. Wie Derek einmal sagt: "Es gibt immer eine Frau auf dem Fahrrad."  

Lida Bach / Wertung:  0 von 5 Punkten 
 

Quelle der Fotos: Warner Bros. Pictures Germany

 
Filmdaten 
 
Liebe und andere Turbulenzen  
 
Deutschland 2013
Regie & Drehbuch: Jeremy Leven;
Darsteller: Vincenzo Amato (Paolo), Nora Tschirner (Greta), Paddy Considine (Derek), Louise Monot (Cécile), Stéphane Debac (Francois), Kellie Shirley (Marta), Thomas Heinze (Gunther Friedman), Emma Rigby (Gail) u.a.;
Produzenten: Quirin Berg, Max Wiedemann; Ausführender Produzent: Michael Scheel; Kamera: Robert Fraisse; Musik: Craig Richey; Schnitt: Michael Trent;

Länge: 100,36 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih von Warner Bros. Pictures Germany; deutscher Kinostart: 7. März 2013



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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