09.07.2009
Der gute Polizist von Nîmes

Kommissar Bellamy


Kommissar Bellamy: Gérard Depardieu, Vahina Giocante Mit "Kommissar Bellamy" inszenierte Claude Chabrol seinen 58. Film. Kaum zu glauben: Jetzt erst, nach so vielen Filmen und Jahren, drehten Chabrol und der französische Weltstar Gérard Depardieu zusammen. Depardieu mimt einen Pariser Kriminalkommissar, der samt Gattin im südfranzösischen Nîmes im Urlaub weilt und mit einem Fall von tödlich ausgegangenem Versicherungsbetrug sowie mit seinem aggressiven Halbbruder konfrontiert wird.
Vor kurzem feierte Claude Chabrol sein 50-jähriges Jubiläum als Regisseur: Sein Debüt "Die Enttäuschten" 1958 markierte den Beginn der Nouvelle Vague. Die Nouvelle Vague entstand, als junge Filmemacher sich u.a. von der vorhersehbaren Erzählweise des Kinos verabschieden wollten. Davon ist in "Kommissar Bellamy" nichts zu spüren: Die Krimihandlung ist zu leicht zu durchschauen und bietet nur wenige Überraschungen, darunter einen sein Plädoyer singenden Anwalt. Interessanter geschildert ist der familiäre Zwist.

Der berühmte Polizist aus Paris lässt es sich im Urlaub gut ergehen. Er isst gut, trinkt gut. Er begrapscht gerne seine liebe Ehefrau. Er pflegt seinen Blumengarten. Er löst Kreuzworträtsel. Auf das Wort "bonheur" für "Glück" kommt er nicht. Seine Gattin hilft ihm. Er besucht einen Baumarkt, er benötigt Bretter für ein Regal. Eine Angestellte hilft ihm, Claire Bonheur. So ein Zufall, wieder Bonheur, stellt der Polizist fest. Und, ein weiterer Zufall, die Mademoiselle spielt im Kriminalfall, der den Polizisten bald beschäftigen wird, eine Rolle. Denn - ist es Langeweile, ist es die rufende Pflicht - der Polizist zeigt Interesse an dem Fall, den er zunächst nur über die Medien verfolgt, bis ein fremder Mann auftaucht.

Kommissar Bellamy: Gérard DepardieuRegisseur Claude Chabrol und sein von Gérard Depardieu gespielter Held, Kommissar Bellamy, haben gemeinsam, dass sie sich nach vollbrachtem Lebenswerk in den Ruhestand begeben und es dort gemütlich haben könnten - doch beide zieht es zur Arbeit: Chabrol dreht mit seinen fast 80 Jahren weiterhin Filme, Paul Bellamy geht im Urlaub einem Fall nach. Drehte Chabrol einst einige clevere Krimis, u.a. mit dem verstorbenen Jean Poiret als Inspecteur Lavardin, ist die hier gezeigte Kriminalgeschichte von trauriger Belanglosigkeit. Ein Mann, der sich Noël Gentil nennt (Jacques Gamblin), bittet Bellamy um Hilfe. Ein Versicherungsbetrug endete mit einer Leiche. Ist der untergetauchte Gentil, der in Wirklichkeit Emile Leullet heißt und eine Ehefrau und eine Geliebte hat, ein Mörder? Bellamy verfolgt die Spuren und wird Leullet aus seiner Lage befreien. Denn er ist der gute Polizist von Nîmes, sein Gutmenschentum hat einen von Chabrol erdachten Hintergrund.

Die Namenswahl Bellamy spielt, so der Regisseur, auf Guy de Maupassant an, denn der Schriftsteller schrieb den berühmten Roman "Bel Ami" (1885). (Zum anderen ist eine Straße in Nantes namens "Rue Paul Bellamy", erklärt Chabrol, Namensgeberin für den Kriminalen.) Guy de Maupassant (1850 - 1893) stellt in seinem Schaffen die Menschlichkeit in den Vordergrund. Nach dem Prinzip wird Bellamy handeln, um Leullet zu retten. Bellamy wird mal um Gesangsunterricht für jemand anderes bitten. Ergebnis: Ein junger Anwalt interpretiert den Chansonnier Georges Brassens vor Gericht im Plädoyer zugunsten Leullets.

Kommissar Bellamy: Gérard Depardieu, Clovis CornillacAuch gegenüber seinem finsteren, alkoholabhängigen, wesentlich jüngeren Halbbruder Jacques (Clovis Cornillac), der das Ehepaar Bellamy in Nîmes aufsucht, lässt der Polizist Milde walten, obwohl Jacques immer wieder über die Stränge schlägt. Diese zweite Geschichte des Films geht wesentlich eher in die Tiefe. Aber sie endet konstruiert, nämlich, um den Bogen zur ersten Geschichte zu schlagen, mit einem Autounfall.

Dieser Film scheitert beinahe, er wird fast von Bedeutungslosigkeit erdrückt. Aber er wird gerettet von der überwältigenden Präsenz Gérard Depardieus als Kommissar. Schon lange nicht mehr war Depardieu so mit einer Figur eins, die eine Hommage an Georges Simenons Kommissar Maigret ist. Wie Maigret interessiert sich Bellamy für einen Fall nicht, um den Täter zu verurteilen, sondern um Humanität walten zu lassen. Wie bei Simenon ist der Kommissar wichtiger als die Krimihandlung. Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit von Claude Chabrol mit Gérard Depardieu in weiteren "Kommissar Bellamy"-Filmen ist durchaus wünschenswert.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * (3 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Concorde Filmverleih

 
Filmdaten 
 
Kommissar Bellamy (Bellamy) 
 
Frankreich 2009
Regie: Claude Chabrol;
Darsteller: Gérard Depardieu (Paul Bellamy), Clovis Cornillac (Jacques Lebas), Jacques Gamblin (Noël Gentil / Emile Leullet / Denis Leprince), Marie Bunel (Françoise Bellamy), Vahina Giocante (Nadia Sancho), Marie Matheron (Madame Leullet), Adrienne Pauly (Claire Bonheur), Yves Verhoeven (Alain), Bruno Abraham-Kremer (Bernard), Rodolphe Pauly (der Anwalt) u.a.; Drehbuch: Odile Barski, Claude Chabrol; Produzent: Patrick Godeau; Ausführende Produzentin: Françoise Galfré; Kamera: Eduardo Serra; Musik: Matthieu Chabrol; Länge: 110 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; ein Film im Verleih von Concorde Filmverleih; deutscher Kinostart: 9. Juli 2009



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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