10.03.2015

Kingsman: The Secret Service


Kingsman: The Secret Service: Colin Firth, Taron Egerton Der britische Geheimdienst zeigt sein neues Gesicht und das ist wenn überhaupt möglich noch reaktionärer als das alte. In einer bezeichnenden Szene von Matthew Vaughns Comic-Adaption verlässt Geheimagent Harry Hart (Colin Firth) eine Kirche. Den gegen Schwarze, Schwule und jede Liberalität wetternden Hassprediger darin und dessen Anhänger hat er soeben in einem pompösen Schaugefecht massakriert. Haben die titelgebenden Superagenten etwas gegen volksverhetzende Fanatiker? Aber nein! Hart wurde nur von Superschurke Richmond Valentine (Samuel L. Jackson) via Mikrochip dahingehend manipuliert.

Zum einzigen Mal in der über zweistündigen Spy-Fi, die der Bodycount nach als Splatter-Film durchgehen könnte, bedauert ein Kingsman seine Opfer. Verständlich, denn aggressiver politischer Konservativismus ist ganz im Sinne der Helden – und ebenso offenbar von Regisseur Vaughn. Er gestaltet bereits den Vorspann als Hymne auf die Zerstörung morgenländischer Kultur und abendländischer Affinität zu Folter. Beim einleitenden Einsatz gegen arabische Feindbilder opfert sich einer der Kingsmen für seine Kameraden, was Hart dessen Frau (Samantha Womack) und kleinem Sohn Gary "Eggsy" Unwin unterm Weihnachtsbaum mitteilt. Witwe und Waise haben dafür was gut bei dem Herrenclub, der unter Leitung eines gewissen Arthur (Michael Caine) Ritter der Tafelrunde spielt. Die Wiedergutmachung sieht so aus, dass der Sohn Vorzugsrekrut sein wird, wenn er mal Lust verspürt, wie sein Vater für die Krone zu sterben. Ein Anruf genügt. Den macht Eggsy (Taron Egerton) Jahre später, als ihm wegen jugendlicher Krawalle Gefängnis droht. Seine vormals feinbürgerliche Mutter haust mittlerweile als Sozialfall-Schlampe bei ihrem gewalttätigen Arbeiter-Freund. Das Geld, das der arrivierte Agentenverein in Maßanzüge investiert, wird anscheinend an der Hinterbliebenenrente eingespart. Bei der hohen Todesrate müssten sonst wohl einige Ölgemälde aus der Spionage-Ahnengalerie versteigert werden.

Kingsman: The Secret Service: Filmplakat Wird einer aus der Männerrunde etwa von einer algerischen, gehandicapten Schurken-Gehilfin wie Valentines Assistentin Gazelle (Sofia Boutella) zerteilt, trinkt man zu seinen Ehren ein Schlückchen vom besten Bourbon. Solch patriarchalische Emblematik ist die höchste Ehre in einer Filmwelt getrieben von paranoider Angst: Angst vor Intellektuellen, die mit ihren Warnrufen vor globaler Erwärmung übergeschnappte Milliardäre wie Valentine auf dumme Gedanken bringen. Vor Umweltorganisationen, deren Warhol-like verfremdetes Panda-Logo als Kunstdruck in Valentines ultramodernem Gegenentwurf zum Landsitz der selbsterklärten "neuen Ritter" hängt. Vor afroamerikanischen Aufsteigern, denen hinduistische Symbole und islamische Gebetsketten wie Gangster-Bling um den Hals hängen. Vor Hightech, die sich nicht in Elite-Insignien wie güldenen Füllfederhaltern und Markenschuhen verbirgt, sondern jedem zugänglich ist und obendrein kostenlos. Vor gewählten Staatsoberhäuptern, die bereitwillig mit Schurken kooperieren, während der Altadel die guten Ideale verteidigt. Die allgegenwärtige Diversität greift nach den Privilegien der Toffs. Wenn Hart bei seinem Stamm-Herrenausstatter plötzlich Valentine trifft, der sich gerade einen identischen Anzug anpassen ließ, ist das so, als ob in einem D. W. Griffith-Film ein Sklave die Kleidung seines Masters anprobiert: lachhaft, anmaßend und ein dramatisches Alarmsignal!

Kingsman: The Secret Service: Mark Hamill, Colin Firth Die Rettung bringt Ronald Reagan, der Eggsy und dessen Ausbilder Merlin (Mark Strong) aus der SDI das Vehikel zum Sieg liefert. Noch mehr "Star Wars" bringt ein Cameo von "Luke Skywalker" Mark Hamill. Der chauvinistische Größenwahn mag ans Absurde grenzen, satirisch gemeint ist er nicht. Vaughn liefert statt Humor nur vorhersehbare Gags und dröge Herrenwitze, die eine peinliche Altmänner-Sexphantasie krönt. Am Ende der kruden Mixtur aus neo-konservativem Rekrutierungsfilm und faschistoider Masturbations-Vorlage erwartet man geradezu eine Entschuldigung, wie sie Valentine anfangs äußert: "Tut mir leid, dass Sie diesen ganzen Mist mit ansehen mussten."  

Lida Bach / Wertung:  0 von 5 Punkten 
 

Quelle der Fotos: Twentieth Century Fox

 
Filmdaten 
 
Kingsman: The Secret Service (Kingsman: The Secret Service) 
 
GB / USA 2014
Regie: Matthew Vaughn;
Darsteller: Colin Firth (Harry Hart / Galahad), Samuel L. Jackson (Valentine), Michael Caine (Arthur), Taron Egerton (Gary 'Eggsy' Unwin), Mark Strong (Merlin), Alex Nikolov (der junge Eggsy), Samantha Womack (Michelle Unwin), Mark Hamill (Professor Arnold), Sofia Boutella (Gazelle) u.a.;
Drehbuch: Jane Goldman, Matthew Vaughn nach den Comic-Heften von Mark Millar und Dave Gibbons; Produzenten: Adam Bohling, David Reid, Matthew Vaughn; Kamera: George Richmond; Musik: Henry Jackman, Matthew Margeson; Schnitt: Eddie Hamilton, Jon Harris;

Länge: 129,25 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der Twentieth Century Fox of Germany GmbH; deutscher Kinostart: 12. März 2015



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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