27.02.2012
Kid-Thing
![]() Auch David Zellner hat sein eigenes Spiel, in dem er Dinge kaputt macht und das filmisch brillante Spiel des Regisseurs heißt "Kid-Thing". Spielfiguren gibt es darin nur ganz wenige, so wenige, dass jede von ihnen eine besondere Bedeutung erhält, aber am wichtigsten von ihnen sind die zehnjährige Annie und die unsichtbare Esther. Vater Marvin ist nicht so wichtig in Annies Leben, denn er ist abwesend, wenn er Destruction Derbys fährt, wenn er reglos da liegt oder er mit einem Bier in der Hand vor dem Fernseher schläft. Trotzdem lernt sie von ihm mehr als in der Schule, denn dorthin geht sie nicht mehr. "Ein Gasleck", sagt Annie. "Komisch", sagt Marvin. Zuvor hat er ihr gezeigt wie man ein Huhn hypnotisiert, so dass es apathisch in seiner Zwangslage verharrt. Starr und dabei tonlos brüllend gleich den Figuren in Annies Malbuch, die einander mit Waffen, Atombomben und Fäusten attackieren.
Dann rennt sie weg. "Woher weiß ich, dass du nicht der Teufel bist?", fragt sie das, was aus dem pechschwarzen Loch tief im Wald zu ihr spricht. Das da unten sagt, es heiße Esther und sei in die Grube gestürzt und Annie solle Hilfe holen. Aber Annie hat gelernt, dass die Dinge im Dunkeln besser begraben bleiben. Zerstörung, Spiel, Gewalt, Spaß: Die Eröffnungsszene von David Zellners verstörendem Schritt in einen Endloskreislauf der Gewalt ist unerbittliche Parabel für die Multiplikation von Verrohung in einer destruktiven Gesellschaft und hintergründige Allegorie des inhärenten Sadismus der Natur. Alles in der abgestumpften Welt der Hauptfigur ist beschädigt, ob Gebäude, Gegenstände oder Menschen. Umgeben von Zerfall wird ihr Zerstörungsdrang auf bizarre Weise zu einer regulierenden Kraft. Was ganz ist erscheint als grotesker Fremdkörper, den ihre gleichgültige Aggression seinem Umfeld anpasst. Zuerst nennt Esther sie einen Engel, als sie Erdnussbutter-Sandwiches und Trinkpäckchen hinabwirft, aber als sie keine Lust hat, Hilfe zu holen, schreit es, sie sei böse. In Wahrheit ist die am schlimmsten versehrte unter den versehrten Charakteren nur ein zehnjähriges Mädchen – das sich mit dem Teufel einlässt, um seiner Hölle zu entkommen. Lida Bach /
Wertung: * * * * *
(5 von 5)
Filmdaten Kid-Thing (Kid-Thing) USA 2012 Regie & Drehbuch: David Zellner; Darsteller: Sydney Aguirre (Annie), Susan Tyrrell (Esther), Nathan Zellner (Marvin), David Wingo (Telefontechniker), Mary Cameron House (Darla), David House (Froggy), Jack House (Spanky), Charlie House (Lil' Red), Bella Babineaux (Barney), Carlos "Der Zorn Gottes" Aguirre (behaarter Fahrer), Elliot French (Punk-Beifahrer / Punk Shotgun), David Zellner (Caleb), Heather Kafka (Mutter), Sam Douglas (Vater) u.a.; Produktion: Zellner Bros; Kamera: Nathan Zellner u.a.; Musik: Octopus Project; Schnitt: Melba Jordorowsky; Länge: 85,44 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih von W-film Distribution; deutscher Kinostart: 22. August 2013 "Kid-Thing" lief 2012 auf der Berlinale in der Sektion Forum
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