02.07.2019
Gelungenes Sommerkino

Kaviar (2019)


Kaviar (2019): Filmplakat "Kaviar" von Elena Tikhonova ist eine Screwball-Komödie, die von der Realität eingeholt wurde. Als der Film im Januar 2019 den Publikumspreis Spielfilm des Saarbrücker Filmfestivals Max Ophüls Preis holte, war die sogenannte Ibiza-Affäre um den FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache noch in weiter Ferne. Jetzt startet "Kaviar" in den deutschen Kinos und liefert dem Publikum ungewollt den Film zu dem Ereignis, das die österreichische Regierung stürzte. Auch in "Kaviar" geht es um Machenschaften zwischen österreichischen Politikern und Handlangern und russischen Oligarchen, es geht um Geld und abstruse Ideen. Was Regisseurin Tikhonova, die in Russland geboren wurde und in Wien lebt und arbeitet, im Film zeigt, besteht aus vielen gelungenen Einfällen mit immer neuen Wendungen. Der locker-leichte Erzählfluss hat zwar einen genauso locker-leichten filmischen Anspruch, aber das wird durch den großartigen Humor wettgemacht. Es ist gelungenes Sommerkino.

Ein nackter Mann wird gejagt. Naja, nicht ganz nackt ist er, er hat einen Lenin-Kopf übergestülpt. Verzweifelt muss er vor Gewehrschüssen wegspringen. Diese Szene ist der Beginn des Films und gleichzeitig das Ende des Films, erklärt der freche Off-Kommentator den Zuschauer*innen. Frech bleibt der Erzähler und führt in die Handlung und Personen ein. Eine russische Dolmetscherin. Ein russischer Oligarch, dem sie mehr dient als für ihn arbeitet. Ihre beste Freundin. Deren schmieriger Ehemann, der bald geschmiert wird. Die Babysitterin der Dolmetscherin. Und mehrere Wiener Politiker. Die auch geschmiert werden. Mit viel Geld. Das alles wegen einer abstrusen Idee. Bald macht jeder, was er will, mit einem Ziel: Das Geld des Oligarchen soll in die eigene Tasche wandern.

Kaviar (2019): Margarita Breitkreiz, Daria Nosik, Sabrina Reiter Die beiden Darsteller des deutschen Films "Marija" von Regisseur Michael Koch, Margarita Breitkreiz und Georg Friedrich, wirken in "Kaviar" mit. Breitkreiz spielt Nadja, die Dolmetscherin ihres russischen Landsmannes, des Oligarchen Igor (Mikhail Evlanov). Der hat Geld. Viel Geld. Und Ideen. Viele Ideen. Die Nadja umsetzen soll. Seine neueste Idee: In Wien möchte er eine Villa haben – auf der vielbefahrenen Schwedenbrücke mitten in der City. Man müsse nur die richtigen Leute schmieren. Los geht's ins Chaos für Nadja, die vergeblich versucht, Igor das Vorhaben auszureden. Klaus (Georg Friedrich), Ehemann von Nadjas bester Freundin Vera (Darya Nosik), übernimmt das Projekt, die beteiligten Politiker mit Geld zu überzeugen – nicht ohne den Hintergedanken, die Millionen selbst zu kassieren. Ein Gedanke, den auch bald Nadja, Vera und Nadjas Babysitterin Teresa (Sabrina Reiter) verfolgen.

Kaviar (2019): Mikhail Evlanov (rechts) Schnell wird Tikhonovas Film zur Farce, die von maßlosen Übertreibungen (sind es angesichts der Ibiza-Affäre überhaupt Übertreibungen?) und überspitzten Klischees lebt. Und "Kaviar" lebt von den immer neuen Drehbuch-Einfällen. Manche werden vom Publikum goutiert, manche nicht, denn der Kakao, durch den sämtliche Protagonisten gezogen werden, schmeckt von süß bis extrem bitter. Locker-leicht, an mancher Stelle zu locker-leicht, spult der Film eine Tour de Force, durch die die Beteiligten gehen, herunter. Qualitativ wertvoll ist der Film nicht immer, denn die Klischees werden gnadenlos ausgeschlachtet, was dann Geschmackssache des Publikums ist, aber Spaß macht "Kaviar" in jedem Fall.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Ioan Gavriel / Plakat: Camino Filmverleih

 
Filmdaten 
 
Kaviar (2019) (Kaviar (2019)) 
 
Österreich 2019
Regie: Elena Tikhonova;
Darsteller: Margarita Breitkreiz (Nadja), Daria Nosik (Vera), Sabrina Reiter (Teresa), Georg Friedrich (Klaus), Simon Schwarz (Ferdinand), Mikhail Evlanov (Igor), Joseph Lorenz (Hans Zech), Robert Finster (Don) u.a.;
Drehbuch: Robert Buchschwenter, Elena Tikhonova; Produktion: Witcraft Filmproduktion in Koproduktion mit Novotny & Novotny Filmproduktion und MR Film; Produzenten: Ursula Wolschlager, Alexander Glehr, Franz Novotny; Kamera: Dominik Spritzendorfer; Musik: Karwan Marouf; Schnitt: Cordula Werner, Karin Hammer, Alarich Lenz, Daniel Prochaska, Dominik Spritzendorfer;

Länge: 93,21 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Camino Filmverleih GmbH; deutscher Kinostart: 4. Juli 2019



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<02.07.2019>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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