13.03.2013
Große Erwartungen

Jack and the Giants


Jack and the Giants: Nicholas Hoult "Es ist ein sehr traditionelles Märchen, wahrscheinlich das Traditionellste, das ich je gemacht habe", kommentiert Bryan Singer "Jack the Giant Slayer". Wenn das zutrifft, ist die Definition des "X-Men"-Regisseurs von Tradition wohl noch profaner als von Charakteren, Spannung, Humor, Romantik, Originalität und Magie. Das suggeriert das dreidimensionale Fantasy-Spektakel, zu dem er zwei Volkssagen aus Cornwall hochzüchtet: ein Wirrwarr aus Action und Familienunterhaltung, das alle aufgezählten Qualitäten haben soll, doch keine hat.

Dafür verfügt die von "Jack and the Bean Stalk" inspirierte Filmfabel über ein, nun, Riesen-Repertoire an Stereotypen, die man nie wieder sehen wollte, doch alle auf einmal ertragen muss. Bauernjunge Jack (Nicholas Hoult) gelangt an Zauberbohnen, für die das gleiche gilt wie Gremlins: "Lass sie nie nass werden!" Das passiert in der Folgenacht, als Prinzessin Isabelle auf der Flucht vor der Heirat mit dem schmierigen Lord Roderick (Stanley Tucci) in Jacks Hütte Unterschlupf sucht. Die zum Himmel wachsende Bohnenranke reißt König Brahmwells (Ian McShane) Tochter ins sagenhafte Riesenreich Gigantua. Von dort können sie Leibwächter Elmont (Ewan McGregor) und Jack nur retten, wenn sie es mit dem bösartigen Riesengeneral Fallon (Bill Nighy) und dessen siamesischen Zwilling (John Kassir) aufnehmen - und einem Verräter in den eigenen Reihen. Für einen Actionfilm ist das antriebslose Mainstream-Produkt zu lahm, für ein Heldenepos zu fade, für eine Romanze zu tugendsam (der Heimatort der Liebenden heißt Cloister), für eine Komödie zu witzlos. Und für "ein sehr traditionelles Märchen" fehlt es der Budgetprahlerei an Tiefsinn und Vorstellungskraft.

Jack and the Giants Letzte zeigten lediglich die Studiobosse bei der Betitelung ihres Kinoungetüms. "Jack the Giant Slayer" war zuerst "Jack the Giant Killer". Den deutschen Verleih stellte das vor ein doppeltes Problem. Die Legende ist hierzulande kaum bekannt und "Riesenschlächter" an sich klingt nicht unbedingt kindertauglicher als "Riesentöter". Gefangen zwischen zwei Übeln war der einzige Ausweg, ein die anderen übertreffendes drittes Übel zu ersinnen und das zu wählen. "Jack and the Giants" klingt nach dem, was er am wenigsten ist: ein drolliger Kinderfilm. Dummerweise soll er das sein oder besser: sollte es in letzter Minute werden. Darauf deuten neben der Zensur des ursprünglichen Filmtitels die offenkundige Verstümmelung potentieller Gruselszenen, die abrupt abbrechen wenn Blut fließen oder Eingeweide spritzen müssten und weitergehen, sobald die Überlebenden auf die Überreste starren. Ganz ähnlich der ernüchterte Zuschauer, dem Singer von der erhofften filmischen Schlachtplatte nur die abgenagten Knochen hinwirft.

Jack and the Giants: Ewan McGregor, Eddie Marsan Mehr als ein klappriges Gerüst bleibt auch nicht von der Vorlage, nach der Darren Lemke, Christopher McQuarrie und Dan Studney das Drehbuch schufen. Die Co-Autoren sind dem Titelheld im Riesentöten überlegen, denn sie massakrieren mit nur einer Adaption das haushohe Potential von gleich zwei Sagen. Märchen entstünden oft aus sozialpolitischen Anmerkungen und würden übersetzt in Geschichten für Kinder, erklärt Singer, der selbst umgekehrt verfährt. Eine Kindergeschichte verdreht er zum unförmigen Kommentar, der Fremdes als gefährliche, doch naturgemäß unterlegene Barbarei angreift und ein martialisches Erbe hochjubelt. Jacks und Isabelles Heirat bricht eine fiktive Elitestruktur auf, um hinterrücks eine reale Adelstradition zu verbrämen. Womöglich sieht Singer hier das "Traditionellste", dessen Komplexität er verkennt. "Nach wie vor begeistert mich an dieser Story, wie denkbar einfach sie konstruiert ist." Nach seiner Adaption ist sie das.

Der animierte Prolog, den der Jack als Junge mit mittelalterlichen Merchandising-Figuren vorspielt, nimmt den Film quasi vorweg. "Was passiert, wenn die Riesen wiederkommen?", fragt er seinen Vater, der ihm die Legende vorgelesen hat. Das würden sie nicht, versichert der Vater, was Jack nicht beruhigt: "Und wenn doch?" Dann gibt es die Fortsetzung, die das Ende androht. Wie Produzent Patrick McCormick warnt: "Bryan schätzt den überdimensionalen Maßstab."  

Lida Bach     

 
Filmdaten 
 
Jack and the Giants (Jack the Giant Slayer) 
 
USA 2013
Regie: Bryan Singer;
Darsteller: Nicholas Hoult (Jack), Eleanor Tomlinson (Isabelle), Ewan McGregor (Elmont), Stanley Tucci (Roderick), Eddie Marsan (Crawe), Ewen Bremner (Wicke), Ian McShane (König Brahmwell), Christopher Fairbank (Onkel), Simon Lowe (Mönch), Warwick Davis (Old Hamm), Bill Nighy (General Fallon) u.a.;
Drehbuch: Darren Lemke, Christopher McQuarrie, Dan Studney nach der Story von Darren Lemke und David Dobkin; Produzenten: David Dobkin, Ori Marmur, Patrick McCormick, Neal H. Moritz, Bryan Singer; Kamera: Newton Thomas Sigel; Musik: John Ottman; Schnitt: Bob Ducsay;

Länge: 113,59 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Warner Bros. Pictures Germany; deutscher Kinostart: 14. März 2013



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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