18.06.2013
Schurkisch währt am längsten

Ich - Einfach unverbesserlich 2


Ich - Einfach unverbesserlich 2 Das Böse stirbt nie. Darum kehrt jeder Filmfiesling, der etwas auf sich hält, noch mal wieder. Nicht so sehr, um einem Erzrivalen eins auszuwischen, sondern wegen des guten Rufs. Der ist in der Bösewicht-Branche eine vertrackte Sache, weil nur ein übler Ruf ein guter Ruf ist und ein guter Ruf fast schon wieder ein schlechter Ruf für einen Schurken. Ein solcher ist Gru (Originalsprecher: Steve Carell) drei Jahre nach seiner grandios-gemeinen Auftritt in "Ich – Einfach unverbesserlich" nach wie vor aus vollem Herzen, in das er damals die Waisen Margo (Miranda Cosgrove), Edith (Dana Gaier) und Agnes (Elsie Fisher) schloss. Ein Platz ist trotzdem noch frei: für ein weibliches Wesen, das Grus Vorliebe für Geheimverstecke, Hitech-Waffen und Superverbrechen teilt.

Eine wie die Agentin Lucy Wilde (Kristen Wiig). Die überambitionierte Schurkenspezialistin rekrutiert Gru im Auftrag der Anti-Verbrecher-Liga, damit er mit seinem Insider-Wissen hilft, eine buchstäblich monströse Untat zu vereiteln. Das übermütige Sequel von Pierre Coffin und Chris Renaud, die mit der übrigen Erstbesetzung zurückkehren, beweist sich gleich seinem mürrischen Antihelden als erfreulich läuterungsrenitent. Wer Grus Reihenhaus-Residenz aus dem ersten Teil, dem der Nachfolger an Unterhaltungswert kaum nachsteht und an originellen Animationen sogar übertrifft, in liebevoller Erinnerung hat, durchschaut die Bürgerlichkeit als gewiefte Tarnung. Hinter der Familienfassade hervor schießt es sich umso besser mit sprachlichen Spitzen und querulantischen Querschlägern, um Anstands- und Ordnungsfanatikern die Haare zu Berge stehen zu lassen und ihre Anpassungsattacken auf Eis zu legen. Wozu hat man sonst einen Gefrierstrahler im Ärmel oder einen Lippenstift-Schocker in der Handtasche? Aus letzter zückt Lucy die Visitenkarte, die den eigentlichen Feind des subversiven Sympathieträgers Gru und seines treuen Assistenten Dr. Nefario (Russell Brand) ausweist.

Ich - Einfach unverbesserlich 2 Die Anti-Verbrecher-Liga, kurz AVL, verkörpert den versnobten Autoritarismus und schiefen Wertbegriff, den ihr Vorgesetzter Silas Ramsbottom (Steve Coogan) bekundet: "Wenn Sie jemanden umbringen, interessiert uns das nicht. Aber wenn Sie den Mond stehlen...!" Da die Mond-Verschwörung bekanntlich im letzten Teil abgehakt wurde, suchen Gru und seine quirlige Kollegin nun im Namen der selbsterklärten Guten in einer Einkaufsmeile nach einem Mutationsserum. Dessen Wirkung auf die Minions, die ihrem Arbeitgeber ungestümer und zahlreicher denn je zur Seite stehen, zeigt was Gru droht: die Verwandlung zum geistlosen Instrument einer Gesinnung, die nicht nobler oder erstrebenswerter ist als seine kriminelle. Im Gegenteil. Mit den Worten einer ätzenden Abendbegleiterin Grus: "Die meisten Leute sind voll künstlich." Schuld ist ein Umfeld, das persönliche Eigenheiten missbilligt, aber sie trotzdem wie die AVL wenn nötig für eigene Zwecke ausnutzt, und eine überholte Vorstellung von Normalfamilie.

Ich - Einfach unverbesserlich 2 Um sie, die Teil eins so gewitzt kritisierte, kommt "Ich – Einfach unverbesserlich 2" offenbar nicht mehr herum. So spaßig die Story ist, büßt sie dadurch doch die erzählerische Sensibilität ein, die ihren Auftakt auszeichnete. Am besten funktioniert der 3D-Spaß als hemmungsloser Nachschlag all der Gags, die das erste Drehbuch gesprengt hätten (wie tonnenweise Dynamit an einem Hai). Kein Pixel wird verschwendet ohne eine Pointe und die tollkühnen Plot-Manöver lassen nichts aus: Anspielungen auf Romantik- und Horrorfilme (in einem Atemzug), Bluuuut (keine Angst, ist nur Marmelade), wilde Schießereien (mehr Marmelade), das Flauschige Einhorn (großgeschrieben, da schon nach dem ersten Film eine eigene Marke), All-4-One und die Village People (mit nahtlosem musikalischem Übergang), einen mexikanischen Macho-Man (der Fremden-Feindbild-Vorwurf greift nicht, da Gru nach seinem Akzent Osteuropäer ist) und Minions über Minions (kriegen demnächst ihren eigenen Film). Wie Gru auf Lucys Bemerkung "Das war lustig" erwidert: "Ja, erstaunlicherweise war es das." Eben unverbesserlich – im besten Sinne.  

Lida Bach / Wertung: * * * (3 von 5) 

 
Filmdaten 
 
Ich - Einfach unverbesserlich 2 (Despicable Me 2) 
 
USA 2013
Regie: Pierre Coffin, Chris Renaud;
Originalsprecher: Steve Carell (Gru), Ken Jeong (Floyd), Kristen Wiig (Lucy Wilde), Russell Brand (Dr. Nefario), Miranda Cosgrove (Margo), Moises Arias (Antonio), Benjamin Bratt (Eduardo), Steve Coogan (Silas), Elsie Fisher (Agnes), Dana Gaier (Edith) u.a.;
Drehbuch: Ken Daurio, Cinco Paul; Produktion: Janet Healy, Christopher Meledandri; Musik: Heitor Pereira, Pharrell Williams; Schnitt: Gregory Perler;

Länge: 98,01 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der Universal Pictures International Germany GmbH; deutscher Kinostart: 4. Juli 2013



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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