20.12.2015
Ich bin dann mal weg
![]() "Ich bin dann mal weg" ist ein Film, der niemandem weh tut. Außer vielleicht Puristen. Und Glückskeksphilosophie-Feinden. Laut Hape sei das Leben "wie ein Kinofilm: Der Film läuft, aber die Vorführung ist beschissen. Kaum jemand ahnt, wie toll der Film ist. Das merkt man erst hier auf dem Jakobsweg". Für viele Menschen ist das sich über Wochen erstreckende Pilgern nach Santiago de Compostela in Spanien ein Trip auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, nach Gott, nach Grenzerfahrung – nach sich selbst. Beginnend in den Pyrenäen, endend in Galicien, lockt der knapp 800 Kilometer lange Haupt-Jakobsweg die Wanderer, für die der Camino eine Auszeit vom Alltag, vom Leben bedeutet. So auch für den Comedian Hans Peter, genannt Hape Kerkeling. Dessen Kampf um Bühnenerfolge 2001 zu Krankheiten führte, von denen die ihn verehrende Öffentlichkeit zunächst nichts erfuhr. Unter anderem musste ihm die Gallenblase entfernt werden. Zu fett, rauchend, gestresst, plante der Komiker, das Leben nun anders zu führen. Und: Ab zum Pilgern auf die iberische Halbinsel.
Den Film dominiert Striesow als ein sich selbst und Gott Suchender. Als Hape, dem er nahe kommt, äußerlich wie mimisch und gestisch. Striesow dominiert und spielt doch ohne Eitelkeiten und Übertreibungen. Fast des Guten zu viel: Neben den viel zu vielen philosophischen Gedanken im Off sind Szenen der Kindheit Hapes mit Omma Bertha (Katharina Thalbach) in den 1970ern dazwischen geschnitten. Auch hier: der Zweifel an der Religion während der Selbstsuche, während des Aufstiegs zum kommenden Star. Wer in einem Film nach Hape Kerkeling viel Humor erwartet, ist hier falsch. Dezent gibt es auch diesen, doch die Ernsthaftigkeit des Stoffes übernimmt die Verfilmung konsequent. Ebenso die Darstellung der Glücks- und Qualmomente auf der Tour. Wie sagt es Kerkeling: "Dieser Pilgerweg war das Verrückteste und Vernünftigste gleichzeitig, was ich bisher in meinem Leben unternommen habe." Das Buch "Ich bin dann mal weg" sorgte von 2006 auf 2007 für einen Anstieg der deutschen Pilger auf dem Jakobsweg um 71 Prozent. Normal ist ein Zuwachs von neun Prozent im Jahr. Der "Kerkeling-Effekt" wanderte in den Sprachgebrauch. Dem Film könnte es nochmal gelingen, für weitere deutsche Camino-Pilger zu sorgen. Michael Dlugosch /
Wertung: * * *
(3 von 5)
Quelle der Fotos: Warner Bros. Filmdaten Ich bin dann mal weg Deutschland 2015 Regie: Julia von Heinz; Darsteller: Devid Striesow (Hape Kerkeling), Martina Gedeck (Stella), Karoline Schuch (Lena), Katharina Thalbach (Omma Bertha), Annette Frier (Dörte), Inez Bjørg David (Siri), Birol Ünel (Americo), Irene Rindje (Redakteurin), Heiko Pinkowski (Bernd) u.a.; Drehbuch: Jane Ainscough, Christoph Silber, Sandra Nettelbeck; Produzenten: Hermann Florin (Feine Filme), Nico Hoffmann, Sebastian Werninger, Jochen Laube (letzte drei: UFA Cinema); Koproduzent: Hape Kerkeling; Kamera: Felix Poplawsky; Musik: Alex Geringas, Joachim Schlüter; Schnitt: Georg Söring, Alexander Dittner; Länge: 92,18 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der Warner Bros. Pictures Germany; deutscher Kinostart: 24. Dezember 2015
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