26.06.2000

High Fidelity

High Fidelity: Laura und Rob Der Regisseur Stephen Frears hat Nick Hornbys ersten Roman "High Fidelity" mit John Cusack in der Hauptrolle verfilmt. Die Handlung wurde dabei vom Norden Londons nach Chicago verlegt, obwohl sowohl Hornby als auch Frears Engländer sind.

Rob (John Cusack) betreibt in Chicago den Plattenladen "Championship Vinyl". Der Verkauf läuft mehr schlecht als recht. Nicht nur, weil die CD sich in dem Laden noch nicht richtig gegen die Schallplatte durchgesetzt hat (Mitte der 90er Jahre), auch weil Robs Mitarbeiter gerne Kunden vergraulen: Dem schlipstragenden Spießer, der für seine Tochter "I just called to say I love you" sucht, kann man die Stevie-Wonder-Single doch nicht verkaufen, den musikalischen Fehlgriff des ansonsten vergötterten Sängers darf man doch nicht unter die Leute bringen, meint Barry (Jack Black). Rob könne bei seinem Pech mit dem Laden froh sein, dass er Laura (Iben Hjejle, "Dogma 3: Mifune", 1999) hat, sagt Robs Mutter. Seine Freundin hilft ihm bei den größten finanziellen Problemen. Aber auch da hat Rob schlechte Nachrichten für seine Mutter: Laura hat die gemeinsame Wohnung gerade Hals über Kopf verlassen. Was soll's - jetzt hat Rob endlich wieder mehr Platz in der Stube. Zeit, seine eigene Vinylsammlung neu zu ordnen. Und die Zeit, seine persönliche "Top Five" der unvergesslichen Trennungen aufzustellen. Da gehört Laura nicht dazu, da kann sie ihn noch so ärgern, wie sie will! erklärt Rob dem Zuschauer selbstsicher.

"High Fidelity", Nick Hornbys Buch wie Stephen Frears' Film, haben das Erwachsenwerden zu Thema. Robs Einstellung zum Leben ist kindisch. Bei Laura ist die Schuld für die Trennung zu suchen, Fehler in der Beziehung hat doch nicht etwa er selber gemacht. Dafür ist sein Stolz verletzt, weil sie ging. Drum freut er sich, er, der Laura unbedingt zurück haben möchte, dass sie mit ihrem Neuen (Tim Robbins als Alt-Hippie) noch keinen Sex hatte. Diese Nachricht muss gefeiert werden, also gibt es vor lauter Hochgefühl einen One Night Stand mit Marie (Lisa Bonet). So freut man sich als Mann, dass man die alte Freundin vielleicht wiederkriegt. Rob erkennt selbst, dass er mit seinen mehr als 30 Jahren endlich erwachsen werden muss. Er will fortan sein Leben ordnen. Robs Interesse an Schallplatten versinnbildlicht sein Verharren in alten Zeiten - die Vinylplatten ließen sich nicht durch CDs vertreiben, und so ist sein Benehmen immer noch das eines jungen Twen. Die Erstgenannte unter den "Top Five", die ihm weh getan haben durch Trennung: Eine Junior High School-Freundin von 14 Jahren. Alison küsste damals erst ihn, dann seinen besten Freund. Rob hält immer noch an diesem verjährten Schmerz fest. Und die anderen vier, Laura nicht mitgezählt: Sie ließen ihn wegen Kleinigkeiten fallen. Oder er sie. Im Tagtraum rät Bruce Springsteen (Bruce Springsteen) Rob, die Verflossenen noch einmal zu kontakten. Und wenn der "Boss" etwas rät, dann tut man das...

High Fidelity: Rob und Barry

Die Handlung von Nick Hornbys Roman wurde für die Verfilmung vom Norden Londons nach Chicago verlegt, obwohl nicht nur Hornby ("Fever Pitch", 1992), sondern auch der Regisseur Stephen Frears ("Mein wunderbarer Waschsalon", 1985, "Gefährliche Liebschaften", 1988) Brite ist. John Cusack kommt aus Chicago; außerdem, so die Produzenten, geht es in Hornbys Buch "um viel mehr als um Geographie". Der nicht genannte Hauptgrund für den Ortswechsel wird wohl im amerikanischen Markt zu finden sein. Wichtig war nur, dass Chicago in etwa das gleiche Milieu aufweist wie der Norden Londons, nämlich "eine Stadt der Arbeiterklasse" zu sein. "Fast jede Szene spielt in einer verrauchten Bar oder in einem verrauchten Café", sagt Drehbuchautor Steve Pink. Die große Leistung Frears': Die Atmosphäre ist treffend wiedergegeben. Die Bilder lassen den Zuschauer den Staub des Schallplattenladens einatmen. Die Zeit scheint im Film wirklich stehen geblieben. Wie sein Laden ist auch Robs Wohnung eingerichtet: Schallplatte neben Schallplatte, sodass das Gefühl des Antiquierten jeder Zeit vorhanden ist. Des positiv oder negativ Antiquierten? Der Film lässt das den Zuschauer entscheiden. Andererseits kümmert sich der Film zu wenig um seine Figuren. Man lernt sie niemals wirklich umfassend kennen. Ein Zeichen für die Flüchtigkeit von Bekanntschaften, von Beziehungen? Nein: Der Film zeigt nur das Äußere. Letzten Endes kratzt der Film nur an der Oberfläche. Das allerdings sollte ein Film nie tun, der sich gerade so sehr um Schallplatten dreht. Kratzt man nämlich auf deren Oberfläche herum, zerstört man das Profil.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * (3 von 5)

Quelle der Fotos: Touchstone Pictures


Filmdaten

High Fidelity
(High Fidelity)
USA 2000
Regie: Stephen Frears;
Drehbuch: D.V. De Vincentis, Steve Pink, John Cusack, Scott Rosenberg nach dem Roman von Nick Hornby;
Darsteller: John Cusack (Rob), Iben Hjejle (Laura), Todd Louiso (Dick), Jack Black (Barry), Lisa Bonet (Marie De Salle), Catherine Zeta-Jones (Charlie), Joan Cusack (Liz), Tim Robbins (Ian), Lili Taylor (Sarah), Joelle Carter (Penny), Natasha Gregson Wagner (Caroline) u.a.;
Produzenten: Tim Bevan, Rudd Simmons; Ausführende Produzenten: Mike Newell, Alan Greenspan, Liza Chasin; Kamera: Seamus McGarvey; Länge: 113 Minuten; FSK: ab 12 Jahren



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