02.06.2020

Hans Dampf

Einfach mal alles hinter sich lassen und auf gut Glück in die weite Welt aufbrechen – wer hat da nicht schon mal dran gedacht? Hans (Fabian Backhaus) wagt diesen Schritt und bricht ohne Umschweife von Köln in Richtung der italienischen Amalfiküste auf, als er seinen Job bei einer Bank verliert. Außer den Kleidern, die er am Leib trägt, einer Tüte mit der Abfindungssumme der Bank und einem Foto des Zielorts hat Hans keinerlei Reisegepäck. Unterwegs trifft der Titelheld einige schräge Gestalten wie die überdrehte Rose (Cécile Marmier), den dubiosen Anhalter Django (Mario Mentrup) und die freigeistige Fee (Nina Schwabe), mit der Hans einige Tage in einer Ferienwohnung verbringt.

Jukka Schmidt und Christian Mrasek gehören zur "Kölner Gruppe", einem losen Verbund Kölner Filmemacher, die Filme mit geringen Budgets drehen und – im Gegensatz etwa zur kopflastigen "Berliner Schule" – den Versuch unternehmen, eine unbeschwerte und lebendige Art von Kino zu gestalten. Von wenigen Längen abgesehen, gelingt dieser Ansatz mit dem Low-Budget-Roadmovie "Hans Dampf", das mit teilweise etwas kantigen, aber sympathischen Darstellern und einem gelungenen Soundtrack daherkommt. Einige Trashelemente und unverhoffte Gesangs- und Tanzauftritte passen zum Alles-ist-möglich-Charme der gesamten Produktion.

Wie im Märchen "Hans im Glück" bestreitet Hans im Verlauf seiner Odyssee einige Tauschgeschäfte, die vom wirtschaftlichen Standpunkt aus besehen alle zu seinen Ungunsten ausfallen: Erst kauft Hans einen maroden VW-Bus, der bald den Geist aufgibt. Für den kaputten Bus bekommt Hans ein Motordreirad, dass er gegen ein Schlauchboot eintauscht, bevor der Aussteiger schlussendlich pleite ist und lediglich ein Fahrrad sein eigen nennt. Dass Hans sich auf seinem Weg trotzdem nie beirren lässt und Geldverluste oder widrige Bedingungen mit Gelassenheit hinnimmt, markiert die Lebensphilosophie des Films, der vom Unterschied zwischen materiellen und menschlichen Reichtümern handelt und dessen Figuren sich treiben lassen, anstatt jeden Schritt bis in alle Einzelheiten zu planen.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * * * * (4 von 5)



Filmdaten

Hans Dampf


Deutschland 2013
Regie, Produzenten & Drehbuch: Jukka Schmidt, Christian Mrasek;
Darsteller: Fabian Backhaus (Hans), Cécile Marmier (Rose), Mario Mentrup (Django), Jacques Palminger (Giacomeddi), Nina Schwabe (Fee);
Kamera: Kawe Vakil; Schnitt: Markus Gaal, Christian Mrasek, Jukka Schmidt;

Länge: 95,46 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 29. August 2013



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Zitat

"Was soll das denn sein - wo du doch Schauspieler sein kannst? Da will man doch nicht Arzt werden!"

Die Reaktion der schauspielernden Eltern von Michael Verhoeven (13. Juli 1938 - 22. April 2024) auf seinen Wunsch, Medizin zu studieren - er wurde Regisseur ("o.k.", "Die weiße Rose"), Schauspieler ("Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Der Pauker") und Arzt

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