26.08.2013

Gloria (2013)


Wo ist Glorias Platz in dieser Welt? Sie nähert sich der 60-er Marke beim Lebensalter, die Kinder sind erwachsen und brauchen sie nicht mehr, der Ex-Mann schon längst wiederverheiratet. Sie hat ihr Appartement, ihren Bürojob, gute Freunde, und geht ab und zu in einen Tanz-Club für Menschen, die schon den kalten Atemzug des Alters gespürt haben und davor fliehen. Woran soll sie sich noch festhalten?

Gloria (2013) Der chilenische Film von Sebastián Lelio beschreibt in ruhigen unspektakulären Szenen, wie Gloria dem Leben etwas abgewinnen will – dabei hält sie sich tapfer, geht ihren Pflichten nach, hält ihre Laune so gut wie möglich aufrecht. Sie besucht ihr Baby-Enkelkind bei ihrem Sohn und den Yoga-Kurs ihrer Tochter, singt im Auto Schlager, geht ab und an tanzen. Aber war's das schon, was ihr das Leben zu bieten hat? Als sie den etwas älteren aber noch durchaus attraktiven Rodolfo kennenlernt, fackelt sie nicht lange herum – sie begibt sich in seine Hände, ohne darin besonders gut aufgehoben zu sein. Fast wortlos wird diese Beziehung in geschickten angedeuteten Szenen analysiert, der Zuschauer darf sich über die Hilflosigkeit und Lächerlichkeit Rodolfos selber ein Bild machen.

Gloria (2013) Zu Recht erhielt Paulina Garcia den Silbernen Bären der Berlinale 2013 für ihre bemerkenswerte Darstellung. An der Geschichte ist auch wenig auszusetzen. Aber die unnötig in die Länge gezogene Erzählweise lässt den Kinosessel manchmal zu unbequem werden, so dass zwischendurch Langeweile aufkommt. Warum Gloria im Einkaufszentrum lange einer tanzenden Skelettpuppe zusehen muss, warum sie zum Augenarzt muss, der Glaukom feststellt und sie danach ein paar Mal im Bad aufgenommen wird, wie sie sich in die Augen tropft? Zwar ist es auch seitens des Regisseurs mutig, Sexszenen mit gealterten Körpern zu zeigen, um dem allgegenwärtigen Trend des Hochglanz-Magazin-Sex mit perfekten jungen Körpern entgegenzuhalten – warum es allerdings so viele sein müssen, leuchtet nicht ein.

Gloria (2013) Dennoch wird der Film rechtzeitig durch eine interessante Wendung gerettet, so dass man doch gut gelaunt den Saal verlässt. Einblicke in neue Welten wie Paintball-Waffen, Bungee-Jumping, Kiffen, ungewöhnliche Katzen und psychisch gestörte Nachbarn, wilde Nächte und Verführung sollen die Geschichte aufwerten, aber sie lenken doch leider sehr vom Thema ab. Sie schaffen keinen tieferen Einblick – weder in Glorias noch in Rodolfos Welt, so dass man am Ende nur anhand des sehr guten Schauspiels der beiden ahnt, was sich in ihrem Inneren abspielt.

Liebe ist im Alter anders, viel direkter, sie deckt schneller Verzettelungen auf, und sie besinnt sich auf das Wesentliche. Das macht die Besonderheit dieses Films aus. Gloria wird nicht glücklich, aber sie weiß sich zu helfen und wird auch nicht wie ein Baum umfallen. Sie steht da, gerade und gut gelaunt und tanzt zu Umberto Tozzis bekanntem Schlager "Gloria", dessen Rhythmus auch den Zuschauer hinausbegleitet.  

Hilde Ottschofski / Wertung: * * (2 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Alamode Film

 
Filmdaten 
 
Gloria (2013) (Gloria (2013)) 
 
Chile / Spanien 2013
Regie: Sebastián Lelio;
Darsteller: Paulina García (Gloria), Sergio Hernández (Rodolfo), Diego Fontecilla (Pedro), Fabiola Zamora (Ana), Coca Guazzini (Luz), Hugo Moraga (Hugo), Alejandro Goic (Gabriel), Liliana García (Flavia), Antonia Santa María (Maria), Luz Jiménez (Nana), Marcial Tagle (Marcial) u.a.;
Drehbuch: Sebastián Lelio, Gonzalo Maza; Produzenten: Luis Collar, Juan de Dios Larraín, Pablo Larraín; Kamera: Benjamín Echazarreta; Schnitt: Sebastián Lelio, Soledad Salfate;

Länge: 109,05 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Alamode Filmdistribution oHG; deutscher Kinostart: 8. August 2013

Auszeichnungen:
Silberner Bär für Paulina García als Beste Darstellerin und Preis der Ökonomischen Jury auf der Berlinale 2013



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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