Dezember 2001

Animationsfilm, der neue Maßstäbe setzt

Final Fantasy
- Die Mächte in dir

Final Fantasy - Die Mächte in dir Dass Videospiele zu Spielfilmen mutieren, ist nichts besonderes mehr. Doch während in allen bisherigen Produktionen die Video- oder Comichelden durch reale Menschen verkörpert wurden, ging man bei "Final Fantasy" einen anderen Weg. Man blieb in der virtuellen Welt und schuf mit dieser einen eigenen Kinofilm.

Die Vorzüge sind einleuchtend. Man braucht nicht Monate nach einem geeigneten Double suchen und am Ende dann doch Gefahr laufen, dass eingefleischte Spiele-Freaks immer noch etwas zu mäkeln haben: zum Beispiel Schauspielerin Angelina Jolie als Lara Croft. Ferner kann man die Helden in ihrer gewohnten Art als Übermenschen agieren lassen und muss sich nicht mit Problemen wie Schwerkraft und anderen Widrigkeiten des realen Lebens auseinandersetzen. Da das Genre des Computerspiel-Spielfilms allerdings bislang alles andere als ein Garant für gute Unterhaltung war und mitunter sogar die größten Trash-Filme der 90er hervorgebracht hat, durfte man auf die Umsetzung besonders gespannt sein.

In der Animation von Figuren und Landschaften setzt dieser Film eindeutig Maßstäbe. Noch nie sahen künstliche Menschen so echt aus, und der Film stellt eindeutig einen Meilenstein in der Filmgeschichte dar. Denn der Weg hin zum Film ohne Darsteller ist nun geebnet. Ob man dies freilich will, ist etwas anderes, aber in jedem Fall hat Regisseur Sakaguchi bewiesen, dass es machbar ist, ohne den Filmgenuss einzuschränken. An viele Stellen übertrifft der Film sogar die Leistungen der bisherigen Trickschmiede ILM. In "Final Fantasy" sind nämlich erstmalig alle Einstellungen scharf. In mehreren Filmen der letzten Jahre hingegen musste man öfters unscharfe Kamerafahrten beobachten, was manchmal durchaus störend war, beispielsweise in den Szenen auf Tatooin in "Star Wars Episode I - Die dunkle Bedrohung" oder den Arena-Szenen in "Gladiator". Wobei man leider anmerken muss, dass man nicht auf alle Charaktere die gleiche tricktechnische Sorgfalt verwandt hat. Während Aki und Dr. Sid hervorragend gelungen sind - wobei die wehenden Haare bei ihr und die Mimik bei ihm besonders hervorzuheben sind - geraten die Gesichter der Soldaten teilweise etwas primitiv und künstlich. Doch dies ist ein Fehler, den künftig Produzenten leicht vermeiden können.

Final Fantasy - Die Mächte in dir Der Inhalt der Story ist im Vergleich zum tricktechnischen Aufwand eher mager: Wir schreiben das Jahr 2065. Nach einer Invasion durch Aliens ist die Erde ein verwüsteter Planet. Die letzten Menschen haben sich in Kuppel-Festungen zurückgezogen. Zu ihnen gehört auch die junge Wissenschaftlerin Aki. Sie versucht zusammen mit ihrem Mentor Dr. Sid die außerirdischen Geisterwesen mit den Urelementen der Erdkraft Gaja zu vertreiben. Da außerhalb der Kuppelstädte die Aliens alles kontrollieren, wird Aki bei ihren Expeditionen von der Eliteeinheit "Deep Eyes" beschützt. Ihr Anführer, wie könnte es anders sein, ist verliebt in Aki, womit auch dieser Themenbereich abgedeckt wäre. Doch schon bald kommt es zur Auseinandersetzung zwischen dem Militär und den Biologen. Während Aki sich weiter bemüht, eine biologische Lösung zu finden, besteht der Oberbefehlshaber der terrestrischen Streitkräfte, General Hein, auf einen alles entscheidenden Militärschlag. Mit einer gewaltigen Laserkanone will er die der Aliens zerstören. Doch Dr. Sid befürchtet, dass die Waffe sich als wirkungslos erweisen und die Kräfte der Aliens - deren Physiologie man bisher nicht entschlüsseln konnte - noch verstärken könnte, und so beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.

Final Fantasy - Die Mächte in dir Optisch orientiert sich Final Fantasy in erster Linie an die ersten beiden "Alien"-Filme und "Starship Troopers". Wobei dem Fan des SF-Genres noch zahlreiche Anspielungen und Hommagen auffallen dürften. Wobei zu betonen ist, dass der Film es durchaus versteht, seine eigene Welt zu schaffen und nicht nur andere Filme nachahmt. Zu den größten Stärken des Films gehört, neben der Tricktechnik, seine atmosphärische Dichte. In diesem Punkt erreicht der Film durchaus die Höhen von "Alien 1" oder "Blade Runner". An mehreren Stellen wird der Einfluss der asiatischen Mythologie sichtbar. Etwa das Prinzip der Erdkraft Gaia, einer Art kosmischem Ying-Yang-Prinzip, doch insgesamt ist der Film eindeutig auf das amerikanische Publikum zugeschnitten. Was vor allem bei den Dialogen auffällt. Hier gleitet der Film leider sehr ins klischeehafte und manchmal unfreiwillig komische ab. Etwa wenn ein eingeklemmter Soldat seinen Vorgesetzten bittet, ihm nicht länger zu helfen, sondern ihm eine Waffe zu geben, damit er die Feinde aufhalten kann. An diesen Stellen bekommt der Film dann leider eher das Niveau von "Rambo 3". Auch, dass General Hein wie immer in US-Filmen einfach nur böse ist und selbstverständlich eine Art SS-Mantel trägt, macht den Film nicht gerade origineller. Allenfalls die Anspielung auf George W. Bushs Raketenabwehr im Weltraum (die Codes zur Freigabe kommen ausgerechnet aus Houston / Texas) ist ganz nett.

Und so ist man am Ende etwas hin und her gerissen. Von der Tricktechnik ist der Film eindeutig meisterhaft, doch sind die Abstriche bei Story und Dialog leider zu störend. Trotzdem sei jedem ein Besuch dieses Films ausdrücklich zu empfehlen und wer weiß, ob dieser Film nicht einmal als Wendepunkt in der Filmgeschichte gelten wird und man wie einst Goethe sagen kann: "Ihr habt ein neues Zeitalter anbrechen sehn und Ihr könnt sagen, Ihr seid dabeigewesen."  

Lutz Berth / Wertung: * * * (3 von 5)

Quelle der Fotos: Columbia Pictures


Filmdaten

Final Fantasy - Die Mächte in dir
(Final Fantasy - The Spirits Within)

Japan / USA 2001
Regie: Hironobu Sakaguchi; Drehbuch: Al Reinert; Animation: Andy Jones; Musik: Elliot Goldenthal; Verleih: Columbia TriStar;
US-Sprecher: Ming Na (Aki Ross), Alec Baldwin (Gray Edwards), Donald Sutherland (Doctor Sid), Steve Buscemi (Neil Fleming), Ving Rhames, James Woods, Jean Simmons, Keith David u.a.

Länge: 120 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: 30.08.2001



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