26.04.2013
Tod und Teufel

Evil Dead (2013)


Evil Dead (2013) "Ich weiß nicht, ob dir das aufgefallen ist, aber es wird jede Sekunde schlimmer." Es ist mir aufgefallen. Zuerst war es nur ein vager Verdacht, den der postergerechte Prolog von Fede Alvarez' "Evil Dead" auslöste. Ein junges Mädchen (Phoenix Connolly) schleppt sich durch einen diesigen Wald. Doch der Fäulnisnebel bietet keinen Schutz vor ihren Verfolgern, die in einer einsamen Hütte ein barbarisches Ritual vorbereiten. Ein verängstigtes Opfer, in den Klauen ekliger Kreuzungen der Klischeegattungen "degenerierte Hinterwäldler" und "fanatischer Sektenanhänger": klarer Fall von Gut und Böse, oder? Erstes nein, zweites ja. Der endgültige Spoiler steht hier erst im letzten Absatz, aber schon mal ein kleiner An-Spoiler dazu: Burn, witch, burn!

Die hektischen Bemühungen des Debütregisseurs der blutigen Nachgeburt von Sam Raimis "The Evil Dead"-Trilogie eine persönliche Signatur zu verpassen, münden in einer abstrusen Blutorgie, die so verunfallt wirkt wie der kümmerliche Urplot um die Erweckung eines seelenfressenden Dämons durch eine Gruppe Teenager. Ihre Wiedergänger sind David (Shiloh Fernandez) und ein paar alte Freunde, die Davids kleiner Schwester Mia (Jane Levy) beim Drogenentzug hilft. Welcher Ort eignete sich dazu besser als eine Holzhütte mit einem hochwassergefährdeten Zufahrtsweg, der dank des absehbaren Unwetters zum Reißbach wird? Keine Ahnung, denn noch verschwenderischer als Gore sind Alvarez und Co-Drehbuchautor Rodo Sayagues mit Logikfragen: Wo haben die vorigen Hausbenutzer Dutzende Katzen her, die tot von der Kellerdecke baumeln? Wieso scheren sich Davids Freundin Natalie (Elizabeth Blackmore) und seine entfremdeten Freunde Olivia (Jessica Lucas) und Eric (Lou Taylor Pucci) nicht um eine getrocknete Blutlache und Tierkadaver? Wie passen die in die kleine Mülltonne, in der David sie entsorgt?

Evil Dead (2013) Wann kommt da draußen der Müllmann? Ist der Dämon der Seelen-Müllmann, der die idiotischen Charaktere entsorgen will? Warum liest Eric laut aus einem in Stacheldraht gewickelten, in Haut gebundenen Buch, dessen Seiten mit Warnungen ("Lies das nicht! Sprich das nicht aus!") vollgekritzelt sind? Warum sind kaputte Gegenstände und verletzte Figuren später wieder heil? Warum erklären Figuren in Selbstgesprächen Offensichtliches? Hat David die Idee zu dem selbstgebauten Defibrillator aus "McGyver"? Bittet Mia anfangs David "Versprich mir, dass du bis zum Ende bei mir bleibst", damit jeder weiß, wer zuletzt übrig bleibt? Gilt ihre Bitte tatsächlich den Zuschauern? Sollen die lachhaften Dialoge Raimis makaberen Humor, der hier schmerzlich fehlt, ersetzen? Der Regisseur des Kultfilms setzte lediglich seinen prominenten Produzentennamen in die Stabsliste, offenbar um den Erfolg des kruden Neuaufgusses zu sichern. Franchise-Produzent Robert G. Tapert tut ein bisschen weniger und Franchise-Hauptdarsteller Bruce Campbell ein bisschen mehr, doch ihre vereinten Kräfte können nicht die groteske Dämonie des echten 80er-Trashs wieder auferstehen lassen. Und um noch eine Frage Erics anzuhängen: "Was ist jetzt deine medizinische Diagnose?"

Evil Dead (2013) "Es sieht beschissen aus!" Tut es, besonders die archaische Mysogynie. Hexenverbrennung ist damals wie heute eine Notwendigkeit (für einen Diskurs über das Übel, das Hexen anrichten, siehe "Hänsel & Gretel: Hexenjäger"). Die junge Generation praktiziert Hexenvertilgung dafür voll alternativ: vierteilen? Lieber lebendig begraben. Da kommt David nicht herum, da Schwesterchen für das Böse wahrhaft empfänglich ist. Das zeigt Alvarez' Version von Raimis berüchtigter Pflanzenporno-Szene. Als einzigen männlichen Charakter erwischt das Böse Eric – auch das erst nach seinem Tod – der nachdem er es befreit hat jammert: "Ich will nicht die bitch des Teufels werden." Der Teufel hat nämlich keine boyfriends, nur bitches alias witches. Die "Evil Dead" sind augenscheinlich ein Frauenverein, zu dem auch Mias Mutter gehört. Mama war laut David "ein Monster" und sitzt laut Dämon in der Hölle, die einmal mehr los ist und es noch oft sein wird. Es sei denn, Raimi schwört seinem Franchise das gleiche wie Mia den Drogen: "Ich verspreche, diesen Scheiß nie wieder anzurühren."  

Lida Bach / Wertung: * * (2 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Sony Pictures

 
Filmdaten 
 
Evil Dead (2013) (Evil Dead (2013)) 
 
USA 2013
Regie: Fede Alvarez;
Darsteller: Jane Levy (Mia), Shiloh Fernandez (David), Lou Taylor Pucci (Eric), Jessica Lucas (Olivia), Elizabeth Blackmore (Natalie), Phoenix Connolly (Teenager), Jim McLarty (Harold), Sian Davis (alte Frau) u.a.;
Drehbuch: Fede Alvarez, Rodo Sayagues; Produzenten: Bruce Campbell, Sam Raimi, Robert G. Tapert; Kamera: Aaron Morton; Musik: Roque Baños; Schnitt: Bryan Shaw;

Länge: 91,08 Minuten; FSK: ab 18 Jahren (keine Jugendfreigabe); ein Film im Verleih der Sony Pictures Releasing GmbH; deutscher Kinostart: 16. Mai 2013



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<26.04.2013>


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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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