03.12.2014
Die Wolken von Sils Maria
![]() Trotz des überzeugenden Spiels von Juliette Binoche, deren Gesicht und deren Auseinandersetzung mit dem Thema den Film trägt und bestimmt, fehlt es dem Film am Wichtigsten: wie es nämlich der von ihr gespielten Frau, Maria Enders, überhaupt gelingt, den Sprung zu schaffen: ihr Altern, auch als Schauspielerin, zu akzeptieren, um die Rolle, die sie angenommen hat, überhaupt anzunehmen. Ausgerechnet an dieser zentralen Stelle wird der Film unterbrochen – und geht an einer Stelle weiter, wo der innere Kampf bereits ausgetragen ist. Schnelligkeit, Smartphones, Google (wahrscheinlich Mitsponsor), Tablets, sind immer präsent, alles ist schnell und oberflächlich in diesem Film. Die Kritik an der heutigen Gesellschaft ist so überdeutlich, dass sie – angesichts der Redundanz – für den Zuschauer zur Nervenprobe wird. Erleichtert darf er nur sein, wenn am Ende ein Jungspund der Smartphone-Generation sich – hilflos – mit einem ebenso konstruierten Abstraktum von Drehbuch gegen diese neue "Malojaschlange", der Oberflächlichkeit seiner eigenen Generation entgegensetzt. Die Filmmusik ist katastrophal eingesetzt. Anfangs ist es adaptierter Mozart, dann zu einer Bergwanderszene völlig unpassende heitere Barockmusik, es kommt Punk-Rock dazwischen, und das musikalische "Maloja"-Motiv ist eine für Klassikfans bestimmt nicht attraktive modernisierte Version des berühmten Pachelbel-Kanons. Um Filmzeit zu sparen wurde die Malojaschlange, die wandernde Wolkendecke, zwar aufgenommen, aber zu stark verkürzt, zum Teil gestückelt und schnell vorgespult. So als ob sich der Regisseur nicht ganz von den zweifellos wunderschönen Bildern trennen wollte, es aber für den Zuschauer nicht zu langweilig machen wollte. Hätte er sich nur für die Andeutung der Schönheit des Phänomens entschieden, oder aber für die ganze Länge desselben – beides wäre besser gewesen als das schlechte Stückwerk, gebettet auf modernisiertem Pachelbel.
Einzig dem herausragenden vielseitigen Spiel Juliette Binoches gelingt es für kurze Sekunden die eigentliche Tiefe des Geschehens vermuten zu lassen. Dennoch kann dies kein Gegengewicht zu einem wenig gelungenen Drehbuch darstellen.
Hilde Ottschofski /
Wertung: * *
(2 von 5)
Quelle der Fotos: NFP Filmdaten Die Wolken von Sils Maria (Clouds of Sils Maria) Deutschland / Frankreich / Schweiz 2014 Regie & Drehbuch: Olivier Assayas; Darsteller: Juliette Binoche (Maria Enders), Kristen Stewart (Valentine), Chloë Grace Moretz (Jo-Ann Ellis), Lars Eidinger (Klaus Diesterweg), Johnny Flynn (Christopher Giles), Angela Winkler (Rosa Melchior), Hanns Zischler (Henryk Wald), Nora von Waldstätten (Schauspielerin), Aljoscha Stadelmann (Urs Kobler) u.a.; Produzent: Charles Gillibert; Kamera: Yorick Le Saux; Schnitt: Marion Monnier; Länge: 123,38 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; ein Film im Verleih der NFP marketing & distribution GmbH; deutscher Kinostart: 18. Dezember 2014
Artikel empfehlen bei:
![]() ![]() ![]() ![]() |
|