16.12.2012
Blutleeres Drehbuch für einen Kinderfilm

Die Vampirschwestern


Die Vampirschwestern: Marta Martin als Silvania, Laura Roge als Dakaria; Copyright: 2012 Sony Pictures Releasing GmbH / Tom Trambow "Eigentlich war ich nie ein besonders großer Vampirfan", erklärt Franziska Gehm im Presseheft zu "Die Vampirschwestern". Die Kinoadaption ihrer Buchreihe um die Halbvampire Silvania (Marta Martin) und Dakaria (Laura Roge) weckt Verständnis für die Ressentiments der Jugendautorin. Ihre Mischung aus Kinderabenteuer und Monsterkomödie greift ein Thema auf, das laut Gehm "nicht wirklich totzukriegen" ist: Beziehungen von Menschen und Vampiren. Die 12-jährigen Titelfiguren sind beides und obendrein Zwillinge, obwohl Emo Daka und Romantikerin Silvania äußerlich so verschieden sind wie charakterlich. Doch Gegensätze ziehen sich nicht nur an, sondern ergänzen sich, zeigt ihr erstes Abenteuer.

Das erleben "Die Vampirschwestern" in ihrem beschaulichen neuen Zuhause Bindburg, wohin sie samt Sarg, Heimaterde und Blutegel-Haustier Karl-Heinz umziehen. Menschenmutter Elvira Tepes (Christiane Paul) entwirft Klobrillen und Vampirvater Mihai (Stipe Erceg) arbeitet Nachtschicht in der Gerichtsmedizin, die praktischerweise neben der Blutbank liegt. Statt vegetarisch wie ihre "Twilight"-Artgenossen ernähren sich die netten Vampire von nebenan aus der Konserve. Aus der kommen auch die Witze, die von Blutwurst, Sonnenbrand und Knoblauch-Baguette bis hin zum "I (Herz) Transsylvanien"-Sticker keinen Dumpfwitz auslassen. Gehms Äußerungen im Presseheft verhehlen kaum, dass sie bloß spürbar lustlos eine in Bestseller-Serien wie "Hanni und Nanni" und "Twilight" vorgefertigte Handlungsschablone ausmelkt. Für sie sei es ein dankbares Thema: "Weil es so viele Klischees gibt, die man alle schön verbraten kann und über die man sich auch ein bisschen lustig machen kann." Das fade Drehbuch verbrät die Klischees, der Zuschauer macht sich lustig. Wobei mitleidiger Spott nicht mit Erheiterung zu verwechseln ist.

Die Vampirschwestern: Stipe Erceg als Mihai Tepes, Christiane Paul als Elvira Tepes; Copyright: 2012 Sony Pictures Releasing GmbH / Heike Ulrich Karl-Heinz ähnelt einem Noppen-Dildo, Vampirjäger Dirk Van Kombast (Michael Kessler) wohnt im Nachbarhaus, Erceg gibt mit Melone den Dandy-Vampir und Richy Müller mit Weißhaarperücke den Zauberladenbesitzer Ali Bin Schick. Der erkennt die Beschränktheit der Hauptfiguren sofort: "Die Hellsten seid ihr nicht gerade." Wahrhaftig nicht, darum kaufen Silvania, der ihr Vampirismus das Freibad mit Klassenkamerad Jacob (Jeremias Meyer) verdirbt, und Möchtegern-Vollblutvampir Daka bei ihm einen Herzenswunsch. Er macht eine ganz zum Vampir, die andere zum Menschen, doch Ali Bin Schick unterläuft dabei ein folgenschwerer Fehler. Daraus lernen "Die Vampirschwestern" und das Kinderpublikum, dass alles so am besten ist, wie es immer war und gefälligst zu bleiben hat. Den Zwiespalt von gleich bleiben und anders sein löst man besser mit Selbstverleugnung, erklärt Mihai seinen Töchtern: "Vergesst niemals, wer ihr seid. Und vor allem: Behaltet es für euch."

Die Vampirschwestern: Michael Kessler als Dirk van Kombast; Copyright: 2012 Sony Pictures Releasing GmbH / Heike Ulrich Individualität duldet der Kinderfilm nur versteckt hinter gutbürgerlicher Normalfassade. Ihre Begeisterung darüber und die dörflich-deutsche Spießigkeit verkündet Silvania so nachdrücklich wie Regisseur Wolfgang Groos: "Sie freut sich am Leben und darüber, in Deutschland zu sein." Vor allem – "endlich!" – in Deutschland zu sein. "Es ist so schön hier in Deutschland! Ich liebe Deutschland!" Und für den Fall, dass die erwachsenen Zuschauer darin naive Schwärmerei sehen, bekundet auch Vater Tepes seine Liebe zur neuen Heimat und lobt, wie perfekt integriert die Töchter seien. Nicht dass das adrette Familienkino Vorurteile gegen fremdes Kulturgut hätte! Als die Mädchen am ersten Schultag wegen ihrer Herkunft angepöbelt werden, verteidigt sie die Lehrerin mit der Erklärung, Transsylvanien liege in Rumänien und Rumänien sei EU-Mitglied. Man kann nur vermuten, wie die Schulleitung Kindern ohne EU-Bürgerschaft gegenübersteht.

Gegenüber so viel Biederkeit wirken "Der kleine Vampir" und "The Munsters" geradezu subversiv. Welche Art Grusel "Die Vampirschwestern" wecken, verkündet ihre Mitschülerin Helene (Jamie Bick): "Schade, dass ich nicht auch blind bin. Dann müsste ich eure blöden Gesichter nie wieder sehen."  

Lida Bach / Wertung:  0 von 5 Punkten 
 

Quelle der Fotos: Sony Pictures und siehe jedes einzelne Foto

 
Filmdaten 
 
Die Vampirschwestern  
 
Deutschland 2012
Regie: Wolfgang Groos;
Darsteller: Marta Martin (Silvania Tepes), Laura Roge (Dakaria Tepes), Christiane Paul (Elvira Tepes), Stipe Erceg (Mihai Tepes), Michael Kessler (Dirk van Kombast), Richy Müller (Ali Bin Schick) u.a.;
Drehbuch: Ursula Berger nach der Buchvorlage von Franziska Gehm; Produzenten: Jakob Claussen, Uli Putz; Kamera: Bernhard Jasper; Musik: Helmut Zerlett; Schnitt: Stefan Essl;

Länge: 97,27 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der Sony Pictures Releasing GmbH; deutscher Kinostart: 27. Dezember 2012



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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