11.03.2013
Die Jagd (2012)
![]() Interessanterweise haben sich die Mechanismen der Abwehr, der Vorverurteilung, der rasenden wie blindwütigen Emotion – jenes Gemisch aus irrationalen Elementen – welche die Handlungen der Individuen steuern keineswegs geändert. Ganz gleich in welchen Gesellschaftsschichten man sich bewegt; und trotz Aufklärung, trotz progressiver Gegenkulturen, trotz vielfacher neuer psychologischer Erkenntnisse: Das Moment der Rache und Sühne, der schnellgefundenen Ausmachung des Schuldigen, und der ethischen Aburteilungen, überwiegen noch immer, wenn es um die alles entscheidende Frage der Schuld geht. Eine Frage übrigens, die nicht selten unbeantwortet bleiben muss, zumindest außerhalb der Welt des bewegten Bildes.
Panoramaaufnahmen und Totalen von einem herbstlichen Dänemark sind kurz zwischengeschaltete Verschnaufpausen, bis die Tragödie um den Protagonisten ihren weiteren unheilvollen Verlauf nimmt. Vinterberg schafft es zusammen mit seinem Ko- Drehbuchautoren Tobias Lindholm, Figuren eine Präsenz zu schaffen, obwohl sie niemals in persona auf der Leinwand erscheinen. Lucas' Frau Kirsten ist immer wieder am Telefon zu hören, und Thema in Lucas' Leben, auch vermittelt in Gesprächen über sie. Und obgleich sie niemals auftritt ist so doch ein zentraler Charakter in der Geschichte.
Der Film postuliert, jene das Thema der sexuellen Kindsbelästigung und die damit in Gang gesetzten Prozesse vor- und umsichtig zu reflektieren. In Vinterbergs Film wird der Humanismus zugunsten eines missverstandenen Gerechtigkeitsgefühls und einer verklausulierten Selbstjustiz geopfert, ja willfährig aufgegeben mit dem fatalen wie unwiderruflichen Ergebnis ein Individuum in Gänze zu zerstören. Sven Weidner /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Wild Bunch Germany Filmdaten Die Jagd (2012) (Jagten) Dänemark / Schweden 2012 Regie: Thomas Vinterberg; Darsteller: Mads Mikkelsen (Lucas), Thomas Bo Larsen (Theo), Susse Wold (Grethe), Alexandra Rapaport (Nadja), Anne Louise Hassing (Agnes) u.a.; Drehbuch: Thomas Vinterberg, Tobias Lindholm; Produktion: Sisse Graum Jørgensen, Morten Kaufmann, Thomas Vinterberg; Kamera: Charlotte Bruus Christensen; Musik: Nikolaj Egelund; Schnitt: Janus Billeskov Jansen, Anne Østerud; Länge: 120,16 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Wild Bunch Germany GmbH; deutscher Kinostart: 28. März 2013
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