März 2003
Die Entdeckung des Himmels
Die himmlischen Heerscharen haben es satt: Die Menschheit hat ihren Vertrag mit Gott in Form der Zehn Gebote nicht eingehalten. Der katastrophale Umgang der Menschen mit ihresgleichen und der Erde in Form von Kriegen, Umweltzerstörung und Herrschsucht verlangt die Rückführung der Steintafeln der zehn Gebote, von denen die Menschen glauben, dass sie längst nicht mehr existieren. Ein Retter muss gezeugt werden, und dazu bedarf es dreier Menschen: dem Astronomen Max Delius, dem Sprachwissenschaftler Onno Quinten und der Cellistin Ada Brons. Die enge Freundschaft zwischen ihnen als auch die Liebe der zwei Männer zu der schönen Ada bringen den außergewöhnlich intelligenten Quinten auf die Welt. Dieser soll nun die Gesetzestafeln wiederfinden und seine Umwelt muss dafür schwerwiegende persönliche Verluste hinnehmen. Jeroen Krabbé hat sich in vielen Punkten seiner Verfilmung des Harry-Mulisch-Bestsellers "Die Entdeckung des Himmels" an die Vorlage gehalten. Dies scheint ein großer Fehler zu sein, denn die wirklich entscheidenden Dialoge über den Begriff des Schicksals zwischen Max und Onno fehlen im Film beinahe gänzlich und auch die nationalsozialistische Vergangenheit des sprunghaften Max wird im Film nur angerissen. Es stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, ein solch umfangreiches 800-Seiten-Buch zu verfilmen. Krabbés bombastische Kino-Version endet in einer Verkitschung der Schicksals-Thematik. Symbole und Metaphern des Buches werden eins zu eins in Bildern umgesetzt und so wirkt die Adaption auf die Leinwand wie eine schlechte Fantasy-Verfimung. Verwunderlich erscheint hier aber vor allem, wieso Mulisch selbst dem Film seine volle Zustimmung gegeben hat.
Das Buch irritiert an einigen Textstellen,
wenn Mulisch sein Wissen zur Schau stellt,
dieses dem inhaltlichen Zusammenhang
aber nicht dienlich ist. Jeroen Krabbé scheint
diese Textstellen nicht schmunzelnd zur
Kenntnis genommen zu haben, sondern hat
mit seinem Film eine unkritische
Beweihräucherung des Mulisch-Romans
geschaffen. Der Himmel ist bei Mulisch ein
Dialog, denn am Anfang war das Wort, so
kennen wir es aus der Bibel. Bei Krabbé wird
der Himmel zu einem gigantischen
gotischen Labyrinth und die Diener Gottes
treten als schwarz gekleidete berechnende Gestalten auf. Mulisch
lässt dem Leser in seinem Roman über große Themen wie den
angeblichen Verfall von Moral, die Verarbeitung des Holocaust, den
Verlust des Glaubens und die Euthanasie- und Abtreibungsfrage
Raum für eigene Denkansätze. Er weist somit geschickt auf die
Grenzen der Wissenschaft hin. Krabbé hingegen besetzt alle Bilder,
die im Roman die Phantasie und den Geist des Lesers fordern und
gibt so vor, welchen Weg der Zuschauer zu gehen hat. Er selbst
äußerte sich zu seinem Film folgendermaßen:
Constanze Frowein /
Wertung: *
(1 von 5)
Quelle der Fotos: Schwarz-Weiss-Filmverleih Filmdaten Die Entdeckung des Himmels (The Discovery of Heaven) Niederlande 2001 Regie: Jeroen Krabbé; Darsteller: Stephen Fry, Greg Wise, Flora Montgomery, Neil Newborn, Emma Fielding, Jeroen Krabbé, Sean Harris u.a.; Drehbuch: Edwin de Vries; Produktion: Ate de Jong; Länge: 133 Minuten; FSK: ab 12 Jahren
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