17. Dezember 2003
Der Wahn, der Freundschaften zerstört

Der Herr der Ringe
- Die Rückkehr des Königs


Kurz nach "Matrix" findet mit "Der Herr der Ringe" eine weitere filmhistorisch bedeutende Trilogie ihren Abschluss in den Kinos, filmhistorisch von Relevanz zum allermindesten durch eine neue Rekord-Kopienanzahl: Mit 1330 Abzügen läuft der letzte Teil "Die Rückkehr des Königs" in Deutschland an. Ob und wie der kleine Hobbit Frodo den Ring in dessen Herkunftsfeuer auf dem Schicksalsberg inmitten des Feindeslandes vernichten kann und damit das große Böse namens Sauron seine Macht verliert, entscheidet sich in ihm, dem Teil 3. Diesmalige exakte 200 Minuten epischer Ausweitung werden sich für manchen Kinogänger, vor allem für die Nicht-Fans der Reihe, als Albtraum gerieren, weil der Film nicht enden will, aber gerade zu dem Thema Traumata hat der Film etwas Neues zu bieten: Er wartet mehr noch als der Roman mit einer bemerkenswerten Studie zur psychischen Verarbeitung nicht verarbeitbarer Erlebnisse auf.

Filmszene

Wie häufig wurde es schon diskutiert und wissenschaftlich ergründet: Ob in J.R.R. Tolkiens Werk faschistische Tendenzen zu finden sind? Im vorliegenden dritten Teil der Verfilmung, wenige Minuten ist der Film erst alt, gibt ein vollbesetzter Saal ein klar und deutlich vernehmbares "Heil" von sich. Nicht etwa das zu bekämpfende Böse, es sind die "Guten", Aragorn & Co., die dies zur Stärkung ihres Selbstbewusstseins unternehmen. Direkt darauf: Frodo lässt sich den Satz "Wir brauchen einen Führer" entlocken. Zufall? Wohl kaum; viel eher scheint Regisseur Peter Jackson ein Provokateur zu sein, angesichts des oben genannten Diskurses scheint er jemand zu sein, der mit dem Zeitgeschmack ein Spiel spielen möchte, es allen Tolkien-Kritikern bezüglich der von ihnen angemahnten Correctness zeigen will. Was soll's. Immerhin sind es ja sowohl bei Tolkien als auch bei Jackson gerade die Nicht-Menschen, die oftmals in der Story von den Menschen als menschenähnliche Bonsai-Ausgaben belächelten Halblinge - wie auch die Zwerge wie Gimli -, die ganz groß rauskommen, die das Böse besiegen, die zwar an Körpergröße mit den Menschen wie Aragorn nicht mithalten können, wohl aber an Mut und Durchsetzungsvermögen. Nicht die normal großen Menschen unter Tolkiens Figuren, sondern die winzigen Hobbits - man möchte mit Nietzsche sagen: die Untermenschen - namens Frodo (Elijah Wood) und Sam (Sean Astin) werden an Saurons Feuer stehen, in das der Ring soll, um seine Existenz aufzuheben, die Existenz, die genügend Personen, wen immer, mindestens bis an den Rand des Wahnsinns brachte, auf jeden Fall den Geschmack der Allmächtigkeit kennenlernen ließ.

FilmszeneÜberraschend beginnt der dritte Teil mit einer Rückblende. Überraschend insofern, als dass hier ein Bruch in der Erzählstruktur erfolgt, die ansonsten nahezu vollständig an die Struktur des Tolkienschen Romans angelehnt ist. Die Rückblende findet sich in der Form so nicht im Roman wieder, hat aber im Film einen sinnvollen Hintergrund. Man lernt Smeagol kennen, als er noch nicht Gollum war, noch nicht das krötengleiche Wesen, sondern ein Hobbit sehr wohl mit Menschenhautfarbe, ein friedvoller Angler, der kaum, dass er den Ring, der auf dem Boden eines Sees lag, für sich entdeckt, seinen besten Freund tötet, um den Ring zu verteidigen. Der Ring hat ihn in Beschlag genommen, Smeagol, nun sukzessive eher Gollum als Smeagol, zieht sich aus der Gesellschaft zurück als Verdammter des in den Wahn treibenden Rings. Über drei Stunden später wird ersichtlich, warum Jackson diese Einleitung gewählt hat: Wer immer den Ring besaß und damit dessen Kräften ausgesetzt war, muss sterben - oder kann damit nicht mehr leben; darum die von den Elben organisierte Schiffahrt zwar ohne den Fährmann Charon, aber metaphorisch sehr wohl über den Jordan, organisiert für die alt gewordenen Gandalf und Bilbo - und noch einen Hobbit, äußerlich immer noch jung zwar, innerlich am Ende der Kräfte nach Saurons Erleben, am Ende mit seinen eigenen Mächten. Es gilt für jenen Hobbit, der den Ring zerstören musste und mit dem Verlust nicht klar kommt, der andere Hobbit findet einen neuen Ring, denn er heiratet, findet also zurück ins Leben, zur Liebe, zum Vergessen des Gewesenen. Nur einen Freund hat er verloren; wie eingangs Smeagol; wie zwischenzeitlich ein Truchsess namens Denethor durch seinen Sinnesverlust beinahe seinen Sohn Faramir, stattdessen aber sein eigenes Leben verliert. Jackson hat diese Intention Tolkiens erkannt und gerade beim Ausklang des Epos brillant herausgearbeitet.

FilmszeneSowie Jackson auch sonst dazugelernt hat. Mögen alle drei Teile des Romans zeitgleich gedreht und jeweils um ein Jahr versetzt ins Kino gekommen sein, die so genannte Post-Production geschah stets kurz vor dem Filmstart, um Veränderungen vornehmen zu können, um Fehler zu korrigieren. So gilt schon für den zweiten Teil "Die zwei Türme" wie auch für diesen dritten im Vergleich zum ersten, dass Howard Shores Filmkompositionen angenehm in den Hintergrund gerückt sind, während sie noch in "Die Gefährten" über die Handlung dominierten. So nun stellt sich "Die Rückkehr des Königs" - wie schon der zweite Teil - quasi als sehenswerte Verfilmung mediävistischer Literatur heraus, und nichts fehlt: vom höfischen Umgang über die bildgewaltig inszenierten Schlachten bis zum Aufstieg eines Ritters - Aragorn - zum König. Der Wiedererkennungswert des Begriffs Epos von seiner mittelalterlichen Herkunft her ist enorm. Die epochale Länge des Films führte allerdings bei der Endabnahme dazu, dass wichtige Szenen dem Schneidetisch zum Opfer fielen - der Tod des von Christopher Lee dargestellten Saruman beispielsweise. Aber dafür gibt es heutzutage die DVDs, die mindestens in ihrem Beiprogramm diesen Verlust wieder ausgleichen werden.

Letzter Teil der Filmtrilogie. Die Teile zuvor waren: "Der Herr der Ringe - Die Gefährten" und "Der Herr der Ringe - Die zwei Türme".  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * (3 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Warner Bros.

 
Filmdaten 
 
Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs (Lord of the Rings: The Return of the King) 
 

Alternativtitel: Der Herr der Ringe 3

USA / Neuseeland 2001 / 2003
Regie: Peter Jackson;
Darsteller: Elijah Wood (Frodo Beutlin [Frodo Baggins]), Ian McKellen (Gandalf), Liv Tyler (Arwen), Viggo Mortensen (Aragorn alias Streicher), Sean Astin (Sam bzw. Samweis Gamdschie [Sam bzw. Samwise Gamgee], Cate Blanchett (Galadriel), John Rhys-Davies (Gimli), Bernard Hill (König Theoden von Rohan), Billy Boyd (Pippin bzw. Peregrin Tuk), Dominic Monaghan (Merry bzw. Meriadoc Brandybock), Orlando Bloom (zuletzt: "Fluch der Karibik"; Legolas), Hugo Weaving (zuletzt: "Matrix Revolutions"; Elrond), Miranda Otto (Eowyn aus Rohan), David Wenham (Faramir), Karl Urban (Eomer), John Noble (Denethor, der Vater von Boromir und Faramir), Andy Serkis (Gollum), Ian Holm (Bilbo Beutlin [Bilbo Baggins]), Marton Csokas (Celeborn), Karl Urban (Eomer), Sean Bean (Boromir [nur in einer Rückblende]) u.a.; Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson nach der klassischen Trilogie von J. R. R. Tolkien; Produktion: Barrie M. Osborne, Fran Walsh, Peter Jackson; Ausführende Produzenten: Robert Shaye, Michael Lynne, Mark Ordesky, Bob Weinstein, Harvey Weinstein; Co-Produktion: Rick Porras, Jamie Selkirk; Produktionsdesign: Grant Major; Schnitt: Jamie Selkirk; Kamera: Andrew Lesnie; Musik: Howard Shore, Song "Into the West" gesungen von Annie Lennox; Leitung der visuellen Effekte: Jim Rygiel; Spezial-Make-up, Kreaturen, Miniaturen und digitale Effekte: Weta Ltd.; Kostüme: Ngila Dickson, Richard Taylor
Länge: 200 Minuten; FSK: ab 12 Jahren, ein Film im Verleih der Warner Bros. Pictures Germany



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<17.12.2003>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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