03.07.2013
Der Fall Wilhelm Reich
![]() Orgonen sind die neuen deutschen Filmstars oder wenigstens die heimlichen Hauptfiguren auf Antonin Svobodas cineastischem Heroldsbild ihres geistigen Vaters Wilhelm Reich. Der österreichische Psychiater und Sexualforscher (Klaus Maria Brandauer), der 1939 in die USA emigrierte, machte in seinen Publikationen über die angebliche Energieform kosmischen Ursprungs aus dem Fantasie- ein Schlagwort. Neben der Orgonomie konstruierte der selbsterklärte Wunderheiler drollige Holzkästen, Pardon: Orgon-Akkumulatoren. Die wirken etwa so gemütlich wie ein Dixi-Klo, nur dass eine Sitzung in einer solchen Kiste deutlich länger dauert. "Zwei bis drei Stunden" instruiert Reich seine erwachsene Tochter Eva (Julia Jentsch) darin zu tun "was allen Menschen am Schwersten fällt: nichts." Von nichts kommt dann auch nichts, jedenfalls nach wissenschaftlicher Erkenntnis. Die jedoch spielt einen undankbaren Nebenpart bei Svoboda, der Physik zur Spießer-Doktrin erklärt. "Wer hat Angst vor Wilhelm Reich?", fragte der Regisseur 2009 in einer Fernsehdokumentation über seinen Protagonisten und den Eindruck seiner Orgasmus-Lehren auf die 68er-Generation.
Damit der Filmkritiker ob der obskuren filmischen und physiologischen Materie nichts Falsches schreibt, interpretiert ein "Kleines Glossar zu Wilhelm Reich" im Presseheft Orgon als "von Wilhelm Reich geprägter Begriff, den man allgemein als Lebensenergie bezeichnen könnte." Orgonen sind so was wie Ektoplasma, nur für Menschen statt Geister, und statt schleimig-grün kommen sie stylish bläulich-leuchtend. Nur von der Lebensenergie spürt man wenig im Kinosaal. Dort erklingt nach weniger als der Hälfte der 110 Minuten Laufzeit das erste Schnarchen. "Der Fall Wilhelm Reich", der Svoboda gemäß des Originaltitels ein "seltsamer" dünkt, ist filmisch schlicht ein hoffnungsloser. Lida Bach /
Wertung: *
(1 von 5)
Quelle der Fotos: Eva Kees / Movienet Film Filmdaten Der Fall Wilhelm Reich (The Strange Case of Wilhelm Reich) Österreich 2012 Regie: Antonin Svoboda; Darsteller: Klaus Maria Brandauer (Wilhelm Reich), Julia Jentsch (Eva Reich), Jeanette Hain (Ilse Reich), Jamie Sives (Hamilton), Birgit Minichmayr (Aurora), Kenny Doughty (Paul), Gary Lewis (Dr. Cameron), David Rasche (Hills), Shaun Aylward (Peter), Markus Schleinzer (Agent Klein) u.a.; Drehbuch: Rebecca Blasband, Antonin Svoboda; Produktion: Alexander Glehr, Martin Gschlacht, Franz Novotny, Antonin Svoboda; Kamera: Martin Gschlacht; Musik: Bernd Jungmair, Stefan Jungmair; Schnitt: Oliver Neumann; Länge: 115,27 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Movienet Film; deutscher Kinostart: 5. September 2013
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