30.07.2015
Der Chor – Stimmen des Herzens
![]() Auf seltsame Weise distanziert sind nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen in diesem Film, sondern auch die des Films selbst zu seinem Publikum. Man erhält als Zuschauer nur sekundenlange Kurzaufnahmen aus der erbarmungslosen Biographie des elfjährigen Stet. Er ist aufgebracht, schlägt schnell zu, wenn er provoziert wird, seine Mutter ist Alkoholikerin. Selbst der wohlhabende Vater, der kurz aus der Versenkung auftaucht, kauft sich aus Stets Leben heraus, um so schnell wie möglich wieder zu verschwinden. Wenn die Schulleiterin die einzige ist, die sich je wirklich für Stets Belange interessiert, dann ist das schon ein Armutszeugnis für das Leben des Jungen. Dennoch ist das alles, was wir als Zuschauer an emotionaler Einsicht in das Innenleben des Hauptdarstellers erhalten.
Viele Fragen tun sich auf, die unbeantwortet bleiben: warum ein Junge, der kurz vor dem Stimmbruch steht, in eine Schule aufgenommen wird, die endlose Wartelisten mit weit geeigneteren Kandidaten hat? Wie ein von den wichtigsten Bezugspersonen im Stich gelassener Junge mit so wenig Zuwendung zurecht kommt? Wie er es – vor allem ganz alleine – schafft, die innere Rebellion zu überwinden und sich plötzlich selbst motiviert, große Opfer bringt, und ein zahmer Schüler wird wie alle anderen? Man kann behaupten, dass die Stimmen des American Boychoir die Hauptrolle des Films spielen. Neben Stücken wie das widerhallende japanische Kinderlied "Hotaru Koi" oder das "Adiemus" sind es vor allem kirchliche Stücke wie "Pie Jesu Domine" und andere Stücke von Benjamin Britten, sowie Händels "Messias", die zweifellos meisterhaft und beeindruckend dargeboten werden. Man darf staunen, dass das "hohe D" erreicht wird. Aber der Film wirkt um den Chor herum konstruiert. Hilde Ottschofski /
Wertung: * *
(2 von 5)
Quelle der Fotos: SquareOne / Universum Film Filmdaten Der Chor - Stimmen des Herzens (Boychoir) USA 2014 Regie: François Girard; Darsteller: Dustin Hoffman (Carvelle), Kathy Bates (Schulleiterin), Eddie Izzard (Drake), Josh Lucas (Gerard), Debra Winger (Ms. Steel), Kevin McHale (Wooly), Garrett Wareing (Stet) u.a.; Drehbuch: Ben Ripley; Produzenten: Judy Cairo, Carol Baum, Jane Goldenring; Kamera: David Franco; Musik: Brian Byrne; Schnitt: Gaétan Huot; Länge: 103,51 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der SquareOne Entertainment GmbH und der Universum Film GmbH; deutscher Kinostart: 27. August 2015
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