März 2001


Dancer in the Dark


Dem vor allem durch seine Dogmareihe bekannten Filmemacher Lars von Trier ist mit "Dancer in the Dark" ein ernsthaftes Musical gelungen. Björk debütierte in der Hauptrolle der erblindenden Fabrikarbeiterin Selma.


Wieso beginnen die Personen in Musicals eigentlich, scheinbar völlig unvorhersehbar zu tanzen?

Die Fabrikarbeiterin Selma (Björk) versucht mit ihren Einkünften die Operation für ihren Sohn Gene (Vladica Kostic) zu ersparen, der an der gleichen Augenkrankheit leidet wie seine Mutter; allmähliches Erblinden ist die Folge der Krankheit. Selma hat ihr Augenlicht schon fast gänzlich verloren, doch für ihren Sohn ist es noch nicht zu spät. Um das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern, erzählt Selma ihm nichts von der Erkrankung, denn jede psychische Belastung könnte die Erkrankung beschleunigen. Als ihr das Geld für die Operation von ihrem scheinbar fürsorglichen Nachbarn Bill (David Morse) gestohlen wird, bringt sie sich, um das Geld zurück zu bekommen, in äußerst große Schwierigkeiten...

Dancer in the Dark Die für die fast blinde Selma höchst gefährliche Arbeit in der Fabrik, die Sorgen um ihren Sohn, die finanzielle Problematik und die Tragik ihrer schweren Erkrankung belasten Selma so sehr, dass sie in Momenten der Zuspitzung dieser Schwierigkeiten in die Welt des Musicals flüchtet. Die Tanz- und Gesangsszenen in Lars von Triers Film könnten mit Freudschen Abwehrmechanismen verglichen werden, denn ohne ihre Flucht in die Welt des Musicals würde Selma an ihren Problemen zerbrechen. So lässt sich die scheinbare Naivität der Hauptdarstellerin und ihr Hang zu glamourösen Hollywood-Musicals rechtfertigen.

Selma ist ihrem Sohn gegenüber voller Schuldgefühle, denn ihr war, als sie sich für die Geburt ihres Sohnes entschied, klar, dass ihn eines Tages das gleiche gesundheitliche Problem heimsuchen würde wie sie auch. Sie versucht alles, um das Erblinden Genes zu verhindern, lebt nur noch für die Ermöglichung einer Augenoperation ihres Sohnes. Hilfe Ihrer Freundin Kathy (Catherine Deneuve) und ihres Verehrers Jett (Peter Stormare) nimmt sie nicht an und verheimlicht beiden ihre Sorgen, verstrickt sich dabei immer mehr in ein Geflecht von Problemen. Am Anfang des Films wird der Zuschauer durch die stark schwankende Kamera visuell extrem verunsichert, doch noch werden vorwiegend die Lebensumstände Selmas und die ihres Umfeldes geschildert. Mit der Zeit gewinnt der Film an Tiefe und Auseinandersetzung mit Selmas Problematik, die Kameraführung hingegen wird immer ruhiger. Die Empathie Lars von Triers für die Weltsicht eines Erblindenden wird somit exzellent vermittelt und der Zuschauer steht unter ständiger Anspannung - allein die musikalischen Einlagen lassen stressfreie Momente erleben. In diesen kommt der Zuhörer durch großartige Musik und poetische Texte auf seine Kosten.

Alles in allem ist das Musical Lars von Triers ein unbedingt sehenswertes Kinoerlebnis und endlich hat auch das Musical ein Beispiel, welches zeigt, dass man dieses Genre ernst nehmen kann, wenn es auf diese Weise angewandt wird.
Ebenfalls brillant ist die schauspielerische und gesangstechnische Leistung der Hauptdarstellerin Björk, die in "Dancer in the Dark" ihr Debüt als Schauspielerin gegeben hat.

 
Constanze Frowein / Wertung: * * * * * (5 von 5)

Quelle des Fotos: Constantin Film


Filmdaten

Dancer in the Dark
(Dancer in the Dark)

Dänemark / Frankreich / Schweden 2000
Regie & Drehbuch: Lars von Trier;
Produzenten: Peter Aalbaek Jensen, Vibeke Vindelov, Lars Jönsson, Marianne Slot; Musik: Mark Bell, Björk; Kamera: Robby Müller; Schnitt: Francois Gédigier, Molly Marlene Stensgaard; Casting: Avy Kaufman; Choreografie: Vincent Paterson;
Darsteller: Björk (Selma Jezkova), Catherine Deneuve (Kathy), David Morse (Bill Houston), Peter Stormare (Jeff), Joel Grey (Oldrich Novy), Vincent Paterson (Regisseur), Cara Seymour (Jean), Jean-Marc Barr (Norman), Vladica Kostic (Gene), Stellan Skarsgard (Arzt), Udo Kier (Arzt), Siobhan Fallon Hogan (Brenda), Paprika Steen, Zeljko Ivanek u.a.;

Länge: 139 Minuten; deutscher Kinostart: 28. September 2000.




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von Michael Dlugosch
Wertung: 4 von 5  



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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