Mai 2006

Don Juan auf Abwegen
- Jim Jarmusch betritt mit seinem Film "Broken Flowers" neues Terrain

Broken Flowers


Broken Flowers: Sharon Stone, Bill MurrayDie Kommunikation zwischen den Geschlechtern scheint wohl ähnlich schwer erforschbar zu sein wie die Weiten des Weltalls, mit dem Unterschied, dass die Menschheit bei letzterem Experiment schrittweise Fortschritte zu verzeichnen hat. Natürlich bietet diese Problematik auch immer wieder Stoff für eine künstlerische Auseinandersetzung, und wer sich nicht auf geschlechterstereotype Trivialliteratur von Autoren wie Allan Pea ("Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken") beschränken will, hat die Möglichkeit den neuesten Film Jim Jarmuschs zu sehen, der am 8. September 2005 anlief und sich ebenfalls dieser Thematik widmet.

Hauptdarsteller ist Bill Murray, der für "Lost in Translation" mit dem Oscar nominiert wurde und mit seiner Hauptrolle in "Broken Flowers" nahtlos an diesen Filmerfolg anknüpft. Wurde er in ersterem noch in der Rolle des alternden Filmstars Bob Harris mit der fremden japanischen Kultur konfrontiert, deren letzte Schnittmengen in der mangelnden Kommunikationsfähigkeit (und somit der Übersetzung) "verloren" gingen, scheint er sich in diesem Film nicht auf einem anderen Kontinent, sondern auf einem anderen Planeten zu befinden.

Bill Murray und die Kunst der Apathie ... Broken Flowers: Bill Murray
Selbst in der Privatsphäre seiner Wohnung wirkt er wie ein Ausgestoßener, der Trost in seiner Lethargie sucht. Zwangsläufig fühlt man sich an den inflationär strapazierten Satz Watzlawiks ("Man kann nicht nicht kommunizieren") erinnert, wenn Murray apathisch auf der Couch liegt, während der Zuschauer auf eine erlösende Pointe oder eine Form des Aktionismus seitens Don Johnstons - so der mit Bedacht gewählte Rollenname - wartet.

Aus dieser Trägheit wird der Protagonist durch einen geheimnisvollen Brief gerissen, der ihm offenbart, dass er Vater sei und mit einer seiner zahllosen Geliebten einen Sohn gezeugt gehabt habe, der nun mittlerweile Volljährigkeit erreicht habe. Angespornt durch seinen Nachbarn Winston, dessen Leidenschaft nach investigativer Ermittlung pathologische Züge trägt, macht sich Johnston auf die Suche nach der Frucht seiner Lenden. Doch nicht nur diese sind mittlerweile eingetrocknet, denn der ehemalige Don Juan (das Wortspiel mit Don Johnston ist absichtlich wenig subtil gewählt) hat seine besten Tage hinter sich gelassen und steckt zudem in einer schweren Existenzkrise und sucht wohl weniger nach Lebenszeichen seines vermeintlichen Sohnes, sondern vielmehr nach Spuren einer Sinnigkeit, bzw. nach Fußspuren, die er in seinem unbeständigen - und wohl sinnentleerten - Leben hinterlassen hat. Seine Odyssee zu den einzelnen Partnern bringt ihn dazu, sein Leben reflexiv Revue passieren lassen, doch der Sohn ist ähnlich schwer zu finden, wie die Antworten auf die ihn beschäftigenden Fragen und ein zumindest kommunikatives Verständnis der Frauen seines Lebens.

... oder doch ein Don Juan?
Broken Flowers: Bill Murrays Don Johnston ist bei einem Spießer-Ehepaar gelandetDieser Film Jarmuschs fällt - verglichen mit der bisherigen Filmographie - aus der Reihe und nimmt in seinem Opus eine Sonderrolle ein. Während viele Kritiker meinen, dass er mit diesem Film zwangsläufig im Mainstream gelandet sei (was wohl eher auf das Casting als auf die weiterhin unkonventionell erzählte Handlung zurück zu führen ist), bemängeln andere, dass typische Stilelemente der bisherigen Filme fehlen würden. Jarmusch brillierte aber in seinen bisherigen Filmen durch die Genialität seiner vermeintlich banalen Dialoge. In einem Film, der eben gerade die Abstinenz dieser Dialog- und Kommunikationsfähigkeit thematisiert, kann dieses Element natürlich nur sehr bedingt zum Tragen kommen. So gesehen, ist der Film wirklich eher konzeptioneller Natur und bleibt letztendlich hinter den Erwartungen zurück, die man an einen Regisseur dieses Formats stellen könnte.

 
David Dasbach / Wertung: * * * (3 von 5)

Quelle der Fotos: Tobis


Filmdaten

Broken Flowers
(USA / Frankreich 2004)
Regie: Jim Jarmusch;
Darsteller: Bill Murray (Don Johnston), Jeffrey Wright (Winston), Sharon Stone (Laura), Frances Conroy (Dora), Jessica Lange (Carmen), Tilda Swinton (Penny), Julie Delpy (Sherry), Chloë Sevigny u.a.; Produktion: Jon Kilk, Stacey Smith; Kamera: Frederick Elmes; Länge: 106 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der Tobis Film GmbH & Co. KG




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Homepage des Verleihs:
Tobis
<8.09.2005>  



Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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