Juli 1997

Betty Blue


Zorg (Jean-Hugues Anglade) lebt abgeschieden an der Küste Frankreichs in einem billigen Motel in den Tag hinein. Seine einzige Aufgabe besteht darin, die umliegenden Motels des schmierigen Besitzers in Schuss zu halten und den Abend herbeizusehnen, um seine faszinierende Freundin Betty (Béatrice Dalle) zu sehen. Eines Tages steht Betty vor Zorgs Tür und gibt ihm zu verstehen, daß ihr gekündigt worden ist und nun keine Bleibe mehr hat. Wie selbstverständlich legt Zorg ihre Koffer auf seinem Bett ab und es ist klar, daß Betty bei ihm wohnen wird. Betty, welche durch ihr ungezügeltes Temperament schlagartig eine Auseinandersetzung zwischen Zorg und ihr zu entfachen vermag, entdeckt zufällig einige Manuskripte, die aus Zorgs Feder stammen. Begeistert von der Vorstellung Zorg sei nun ein Schriftsteller, geraten die beiden Liebenden, vorangetrieben durch Betties impulsive Art, in ein Gewirr von Ereignissen...

Philippe Djian, welcher 1985 die exzellente Buchvorlage dargeboten hat, findet in dem Regisseur Jean-Jacques Beineix einen Nachfolger, der es mit Bravour schafft das geschriebene Wort in das filmische umzusetzen. Die Umsetzung gelingt, weil Djians lebendiger Sprachstil und die Dialoge in ihrer Intensität bewahrt bleiben, sowie die Auswahl der Hauptdarsteller Béatrice Dalle und Jean-Hugues Anglade einfach vortrefflich ist. Besonders Béatrice Dalle in der Rolle von Betty wirkt überzeugend. Sie schafft es die starken Gefühlsschwankungen, die sich innerhalb von Sekunden ändern können, lebensnah darzustellen.

Auf den ersten Blick ist Betty eine erotische Frau, die gerne mit ihren Reizen spielt und somit nicht nur Zorg in ihren Bann zieht, sondern ebenso den Zuschauer bzw. die Zuschauerin. Sie scheint nur so vor Lebensenergie zu sprühen, wäre da nicht die plötzliche Umkehrung ihrer selbst, die sie in Aggressionen und Depressionen sowie Selbstzerstörung verfallen lassen. Doch hat das nicht alles einen Grund? Während sie der bisherigen Tristesse ihres Lebens entfliehen möchte und sich als Ziel den Erfolg Zorgs als Schriftsteller vorstellt, scheinen insbesondere konservative Verleger ihr das nicht zu gönnen. Das Fatale ist, daß dieser Traum zu einer Obsession wird, welche Zorg beängstigt. Auch die Freude über eine Schwangerschaft wird zerstört. Letztlich zerbricht sie innerlich. Zorg dagegen ist ein einfacher realitätsgebundener Mensch, dessen Leidenschaften Chili, Alkohol und Betty "bumsen" sind.

Auffällig ist die häufige Verwendung der Farbe Blau, die sich wie ein roter Faden durch das Szenario zieht. Dadurch erzielt Beineix eine farblich gesteuerte, emotionale Untermalung. Diese wirkt beruhigend und kühlt die sie umgebende Hitze. Das Blau steht im Kontrast zum erzählerischen Tempo.

"Betty Blue" ist eine erotische und verrückte Liebesgeschichte zweier besessener Menschen, die rasant ist und zu jeder Sekunde fesselt.  

Dilek Akinci / Wertung: * * * * * (5 von 5)



Filmdaten

Betty Blue
(37°2 le matin)

deutscher Alternativtitel: Betty Blue - 37,2 Grad am Morgen

Frankreich 1986
Regie: Jean-Jacques Beineix; Produzent: Claudie Ossard; Drehbuch: Jean-Jacques Beineix nach dem Buch von Philippe Djian; Kamera: Jean-Francois Robin; Musik: komponiert und dirigiert von Gabriel Yared;
Darsteller: Béatrice Dalle (Betty), Jean-Hugues Anglade (Zorg), Gerard Darmon (Eddy), Consuelo de Haviland (Lisa), Clementine Celarie (Annie), Jacques Mathou (Bob), Vincent Lindon (Richard) u.a.

Länge: 116 Minuten; FSK: nicht unter 18 Jahren.



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