07.02.2013
Der Mann hinter der Kamera

Behind the Camera


"Ich werde einen Kurzfilm drehen und hatte eine schockierende Idee!" Mit dieser kühnen Ansage beginnt E J-yongs Selbstreferenz-Satire gleich doppelt. Einmal auf der Handlungsebene der kecken Kinoparodie und einmal auf der Metaebene. Letzte ist die eigentliche Realität an dem scheinbar so eindeutig definierten, tatsächlich aber unbestimmbaren Aktions- und Titelort von E J-yongs drittem Berlinale-Beitrag "Behind the Camera".

Behind the Camera Dort steht niemand und somit paradoxerweise jeder aus dem namhaften Ensemble des koreanischen Regisseurs, der das Spiel mit den filmischen Realitätsebene in seinem jüngsten Werk erst zu- und dann überspitzt. So sensationell die satirische Selbstreferenz auftritt, so wenig aufsehenerregend erscheint sie in der Praxis – nicht nur in den Augen der Schauspiel-Veteranin, der J-yong sein Filmkonzept via Handy unterbreitet: "Versuch' mich zu schockieren." Ja, Mr. J-yong, schockieren Sie das abgeklärte Kritiker- und Festivalpublikum mal! "Der Regisseur kommt nicht zum Set und inszeniert den Film, indem er das Internet benutzt." Sollte das mit dem Schockieren ein Witz sein? Falls ja, verspricht sich J-yong davon ernste Erfolgsaussichten: "Es wird der erste in der Geschichte!" Damit diese weltbewegende Premiere auch eine im Kino hat, braucht es nur noch Darsteller, die prominent genug sind, um allein durch ihre Präsenz in jedem noch so verworrenen Plot Zuschauer anzulocken und das Ganze als ausgefeiltes Kunstprojekt erscheinen zu lassen.

Dass diese Agenda neben der des Films-im-Film auch die von "Behind the Camera" ist, lässt J-yong in seiner Ansprache an seine Team ohne große Umstände durchscheinen: "Ich brauche eure Hilfe, um den Durchbruch in Hollywood zu schaffen." Um seinem Ziel sowohl beruflich als auch physisch nahe zu sein, hat sich der findige Filmemacher dort vorgeblich schon einquartiert. Aus einem Hotelzimmer in Los Angeles spricht er zu den teilweise ehrlich verdutzten Schauspielern ausschließlich via Skype und Mobiltelefon. Genau wie der Regisseur des Kurzfilms, dessen Drehbuchtext bald mit den authentischen Gesprächen unter den Crew-Mitgliedern von J-yongs Mockumentary verschmelzen. "Ich weiß nicht was ich glauben soll", sagt sogar der Produzent angesichts der durch vermeintlich erklärende, in Wahrheit gezielt verwirrende Textkarten forcierten Desorientierung. Ihr Zweck ist weniger komplexe Verunsicherung des Zuschauers als dessen federleichtes Amüsement mit einem vorzeigbaren Hauch Raffinesse.

Sich ihren Anschein zu geben und gleichzeitig der verbal beschworenen Doppelbödigkeit wohlweislich auszuweichen erscheint dabei als bemerkenswerteste Schliche der ebenso unterhaltsamen wie oberflächlichen Doku-Satire. Wie die erwähnte Schauspiel-Veteranin mit vielsagender Zweideutigkeit über den Regisseur von "Behind the Camera" sagt: "Was für ein Schwindler."  

Lida Bach / Wertung: * * * (3 von 5) 
 

Quelle des Fotos: Berlinale

 
Filmdaten 
 
Behind the Camera  
 
Republik Korea 2012
Regie: E J-yong;
Darsteller: Youn Yuh-jung, Park Hee-soon, Kang Hye-jung, Kim Ok-vin u.a.;
Produzentin: Kim Mi-hwa; Kamera: Ryu Uk; Musik: Mowg;

Länge: 85 Minuten; deutscher Kinostart: noch nicht bekannt
ein Film auf der Berlinale 2013 in der Sektion Panorama, dort gezeigt mit dem Vorfilm "Jury"



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der Film im Katalog der Berlinale 2013
<07.02.2013>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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