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Februar 2003
Von der Psyche und dem Kampf mit einem erotischen Monster
Alien
- Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt
Die Handlung von Alien ist schnell erzählt und folgt dem gängigen Schema des Horror-Genres: Die Besatzung eines Raumschiffes wird durch ein außerirdisches Ungetüm erfolgreich und blutig dezimiert, um am Ende selbst vernichtet zu werden. Doch was diesen Film auf lange Sicht hin bis heute spannend macht, und ihn schließlich zu einem Klassiker des Genres aufsteigen ließ, ist seine perfide Doppelbödigkeit, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht.
"Alien" ist weniger als Weltraumfilm zu verstehen, als das er mehr eine drastische Darstellung der menschlichen Psyche ist, die in Konfrontation mit ungezügelter, gewissenloser Sexualität steht. Das Raumschiff "Nostromo", welches von einem Computer namens "Mutter" gesteuert wird, weckt die Besatzung aus dem Tiefschlaf. Allein diese anfängliche Sequenz drängt einen zu psychoanalytischer Betrachtungsweise. Eine elektronische Mutter weckt ihre Kinder. Das Weiß des Raumes und die in Windeln gewickelten Besatzungsmitglieder, lassen einen durchaus an eine Kreissaal mit Brutkästen erinnern. Die Protagonisten werden in ihrer augenscheinlichen Unschuld in die Welt entlassen. Die elektronische Mutter allerdings setzt ihre Kinder regelrecht aus, statt auf der sicheren Erde werden sie mitten im Weltall geweckt. In dieser Situation, völlig auf sich allein gestellt, werden die "Kinder" gezwungen selbstständig zu agieren. Einem Funksignal folgend, stoßen die Astronauten auf ein außerirdisches Raumschiff. Das Design des Schiffes macht unmissverständlich klar mit welcher Gefahr die "Kinder" konfrontiert werden. Die Einstiegsluken des Schiffes erinnern an eine vergrößerte Vagina, in deren feucht-warmen Inneren sich hunderte von Eiern befinden. Ash, ein Wissenschaftsoffizier, der sich später als mechanischer "Vater" offenbaren wird, beobachtet wohlwollend die Erkundungsversuche der Astronauten vom Mutterschiff aus.
Die Protagonisten handeln in Angesicht des Dämons Sexualität nun alle unterschiedlich, aber nur eine Figur, Ripley, macht eine deutliche Entwicklung durch. Der Ingenieur Brett, der sich hinter dem Ausspruch "genau" in Passivität wiegt, Captain Dallas, der zurück zu "Mutter" geht um sich Rat zu holen, Lambert, die von Angst und Panik dominiert wird und schließlich Parker, der als Macho völlig versagt, fallen dem Alien zum Opfer. Sicherlich kann man ihre stereotypischen Handlungsweisen mit ihrer sexuellen Identität in Verbindung sehen, wofür sie vom Alien "bestraft" werden.
Somit ist Ridley Scott ein vielschichtiger Horrorfilm gelungen, der durch seine Komplexität und seine technischen Perfektion erstaunlich modern geblieben ist. Der Film nimmt seine Hauptfigur ernst, nie zuvor hatte es so eine starke Filmheldin gegeben, die trotz ihres harten Handelns nicht ihre Weiblichkeit verloren hat. Selten wurde so interessant mit Thema Emanzipation und sexuelle Identität umgegangen, wie in diesem Film, was nicht zuletzt der großartigen darstellerischen Leistung von Sigourney Weaver als Ripley zu verdanken ist.
Matthias vom Schemm
/ Wertung:
* * * *
(4 von 5)
Filmdaten Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (Alien) USA 1979 Regie: Ridley Scott; Drehbuch: Dan O'Bannon, Walter Hill, David Giller; Produktion: 20th-Century Fox / Brandywine; Kamera: Derek Vanlint; Musik: Jerry Goldsmith; Darsteller: Sigourney Weaver (Ripley), Tom Skerritt (Dallas), Harry Dean Stanton (Brett), John Hurt (Kane), Ian Holm (Ash), Veronica Cartwright (Lambert), Yaphet Kotto (Parker) u.a.; Länge: 125 Minuten (Director's Cut: 115 Minuten); FSK: ab 16 Jahren; deutscher Kinostart: 25. Mai 1979; Wiederaufführung im Director's Cut: 23. Oktober 2003
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