11.03.2013
3096 Tage
![]() "Am Ende war ich es. Nicht er", berichtet zu Beginn die Protagonistin (Antonia Campbell-Hughes) vor der Kulisse eines Wintersportorts. Die landschaftliche Weite der Anfangsszene steht in radikalem Kontrast zu der architektonischen Enge, in die das Drehbuch die Handlung sperrt. Keine sechs Quadratmeter misst das Kellerverlies, das Natascha Kampusch (Amelia Pidgeon) mit Kinderfüßen abschreitet, nachdem sie wieder zu sich kommt. Die Bewusstlosigkeit ist Folge eines Schlags von Wolfgang Prikopil (Thure Lindhardt), der acht Jahre lang Kerkermeister und einziger Kontakt für sie sein wird. "Ich bin deine Familie", gebietet der arbeitslose Elektrotechniker, der unter dem unscheinbaren Reihenhaus seiner Mutter (Dearbhla Molloy) einen schalldichten Raum zum Gefängnisverschlag ausgebaut hat. "Ich bin dein Vater, deine Mutter, deine Oma. Ich bin alles für dich." Tatsächlich verhält sich die Situation umgekehrt. Natascha ist alles für den verklemmten Einzelgänger, der auf emotionaler Ebene unendlich eingeschränkter ist als Natascha.
Nach Gesprächen über das Filmprojekt habe sie einen Entschluss gefasst, berichtet Hormann: "Ich will nicht in diesen Abgrund steigen." Das ist sie auch nicht, obwohl Sadismus und Missbrauch enthüllende Szenen dies vorgaukeln. Andere taten es für die Regisseurin. Einmal die physische und psychische Grenzen überschreitenden Darsteller und Michael Ballhaus, der ein klaustrophobisches Schreckbild spießbürgerlicher Perversion erschafft. Vor allem jedoch die reale Natascha Kampusch, auf deren Interviews und Berichte sich die Handlung stützt. Vollendet von Ruth Toma, war Bernd Eichingers Drehbuch nach seinem Tod 2011 ein Fragment und bleibt es als seltsam kaltlassendes Kammerspiel, dessen Erfolg höchstens darin liegt, Achtung der realen Überlebenden der "3096 Tage" zu zeigen. Lida Bach /
Wertung: * *
(2 von 5)
Quelle der Fotos: Constantin Film / Jürgen Olczyk Filmdaten 3096 Tage Deutschland 2012 Regie: Sherry Hormann; Darsteller: Antonia Campbell-Hughes (Natascha Kampusch im Alter von 14 bis 18 Jahren), Thure Lindhardt (Wolfgang Priklopil), Amelia Pidgeon (Natascha Kampusch, 10 Jahre), Dearbhla Molloy (Priklopils Mutter), Trine Dyrholm (Brigitta Sirny, Natascha Kampuschs Mutter), Roeland Wiesnekker (Nataschas Vater), Ellen Schwiers (Nataschas Großmutter), Erni Mangold (Priklopils Großmutter), Thomas Loibl, Nicholas Reinke u.a.; Drehbuch: Ruth Toma basierend auf dem unvollendeten Drehbuch von Bernd Eichinger; Produzent: Martin Moszkowicz; Produktion: Constantin Film Produktion GmbH in Koproduktion mit ARD Degeto (Bettine Reitz, Claudius Luzius), Bayerischer Rundfunk (Cornelius Conrad) und Norddeutscher Rundfunk (Thomas Schreiber); Kamera: Michael Ballhaus; Musik: Martin Todsharow; Schnitt: Mona Bräuer; Länge: 109,27 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der Constantin Film Verleih GmbH; deutscher Kinostart: 28. Februar 2013
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